# taz.de -- Aus dem Takt | |
> Wieder einmal scheitert Alexander Zverev bei dem Versuch, ein | |
> Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. Bei der Niederlage gegen Novak Djokovic | |
> gelingt es ihm nicht, das Spiel selbst zu bestimmen | |
Aus Paris Jörg Allmeroth | |
„Bei Alexander Zverev ist es der Kopf, der einem Grand-Slam-Sieg im Weg | |
steht, wenn man sein Tennisniveau sieht, sein Potenzial, hätte er schon | |
längst einen Titel gewinnen müssen.“ Das hatte Rafael Nadal vor Beginn der | |
French Open in einem raumgreifenden Interview mit der französischen | |
Sportpostille L’Équipe gesagt. An der Einschätzung des 14-maligen | |
Paris-Siegers, der vor Beginn des Turniers feierlich aus dem Tennissport | |
verabschiedet worden war, dürfte sich nach Zverevs Viertelfinalniederlage | |
am Mittwochabend gegen Novak Djokovic nichts geändert haben. Wie blockiert | |
ließ Zverev nach einem vielversprechenden Start die Gegenoffensive des | |
Grand-Slam-Rekordchampions über sich ergehen und verschwand nach der 6:4-, | |
3:6-, 2:6-, 4:6-Pleite mit hängenden Schultern vom Centre Court. | |
Es war der vorerst letzte traurige Auftritt Zverevs in einer Saison mit | |
weit mehr Tiefen als Höhen, und der gescheiterte 37. Anlauf zum großen | |
Grand-Slam-Glück. „Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie wenig Bock ich | |
jetzt auf Tennis habe“, rief Zverev den Journalisten später zu, „ich gehe | |
jetzt erst mal Golf spielen. Ob Zverev dabei den Frust und die Zweifel | |
einfach so vergessen kann, bevor er bei den Heimturnieren in Stuttgart und | |
Halle antritt, ist durchaus fraglich. Denn obwohl der 28-jährige Hamburger | |
auch nach den French Open weiter auf Platz 3 der Weltrangliste geführt | |
wird, gehört er in der laufenden Saison nicht zu denjenigen, die regelmäßig | |
um die Toptitel mitspielen. Paris, der Höhepunkt der Sandplatz-Serie, war | |
ein weiterer Ausweis der Stagnation bei Zverev. Eine Illustration seiner | |
mentalen und taktischen Schwächen war es obendrein. „Sascha wird in zu | |
vielen Spielen irgendwann zu defensiv, zu vorsichtig“, sagt Experte Boris | |
Becker, „da ist jetzt auch mal eine Manöverkritik fällig.“ | |
Nicht nur Becker sieht Zverev von „immer größerer Konkurrenz“ um die gro�… | |
Pokale bedrängt. „Der Grand-Slam-Traum ist nicht ausgeträumt, aber mit | |
jeder vertanen Chance wird es schwieriger“, sagte Becker als Experte am | |
Eurosport-Mikrofon und verwies auf die großen Rivalen des Deutschen wie | |
Jannik Sinner oder Carlos Alcaraz, erwähnte aber auch Spieler der jüngeren | |
Generation wie Joao Fonseca oder Artur Fils. Amerikas Ex-Star Jim Courier | |
befand trocken, es reiche für Zverev einfach nicht, „nur mit Herz und | |
Seele“ in große Matches zu gehen: „Am Ende geht es um Strategie, um | |
Coolness in brenzligen Situationen.“ | |
Und wohl auch den Mut, die Courage, die Selbstüberwindung, eingefahrene | |
Wege zu verlassen. Ein Muster des Scheiterns von Zverev war auch gegen | |
Djokovic wieder zu sehen, nämlich eine zu große Unentschlossenheit, das | |
Spiel selbst an sich zu reißen, Tempo, Takt und Rhythmus zu bestimmen. Nach | |
dem Eröffnungssatz diktierte nur noch Djokovic den Zermürbungskampf, | |
während sich Zverev sichtlich zurückzog – Zentimeter für Zentimeter gab er | |
buchstäblich Boden preis, agierte immer tiefer hinter der Grundlinie. | |
Und von dort düpierte ihn Altmeister Djokovic serienweise mit Stoppbällen, | |
insgesamt 43-mal unterbrach der 38-jährige Serbe so den Schlagabtausch, | |
punktete dabei 33-mal. Zverev hatte dieser speziellen Verlangsamung des | |
Spiels nichts Wirksames entgegenzusetzen, schon gar nicht ein gewisses Maß | |
an Aggressivität. Immer wieder blickte er hilflos hoch auf die Tribüne, wo | |
seine Entourage saß. „Mit mir hätte er das mit den Stopps nicht gemacht“, | |
so Analyst Becker über seinen Landsmann Zverev, „ich hätte ihm schnell | |
einen in den Bauch gezogen. Dann wäre das vorbeigewesen.“ | |
Natürlich belebt Zverevs Scheitern wieder die Diskussion, ob er als | |
Tennisunternehmer in herausfordernden Zeiten optimal aufgestellt ist. | |
Zverev vertraut seit jeher vor allem der Familie oder langjährigen | |
Bekannten und Freunden. Hochkarätige Coaches blieben nie lange an seiner | |
Seite, ob sie nun Ivan Lendl, Sergi Bruguera oder Juan Carlos Ferrero | |
hießen. Ferrero, im Übrigen 2003 French-Open-Sieger, hat seine Erfüllung | |
anderswo gefunden, an der Seite von Nadal-Erbe Carlos Alcaraz. Das Duo ist | |
weiter im Rennen. Während Zverev erst mal Golf spielen will. | |
6 Jun 2025 | |
## AUTOREN | |
Jörg Allmeroth | |
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