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# taz.de -- Schrift ist nicht Schrift
> Eine Ausstellung in Hannover über das Schreibenlernen zeigt, wie sich die
> Handschrift im Laufe der Zeit verändert hat – und warum sie weiter
> wichtig ist
VonJoachim Göres
Blau oder grün? Wer in den 1960er und 1970er Jahren zur Schule ging und an
sein erstes Schreibgerät denkt, wird diese Frage beantworten können: Die
Füller von Geha waren grün, die von Pelikan blau. Der blaue Pelikano kam
1960 auf den Markt und stellte eine Revolution dar: Bis dahin mussten
SchülerInnen ihren Füller umständlich mit Tinte aus einem Tintenfass
nachfüllen, die neuen Füllerpatronen ließen sich indes schnell auswechseln.
Daran erinnert die bis Januar 2026 laufende Ausstellung „Gänsefeder,
Pelikano, Tastatur“ über die Geschichte des Schreibens im Pelikan
Tintenturm in Hannover. Präsentiert werden vor allem Produkte des
Herstellers Pelikan, der seit 1838 Schreibutensilien fertigt. Denn
Pelikan kommt aus der Nähe von Hannover und verlegte den Firmensitz bald in
die Niedersachsens heutige Hauptstadt. Das Pelikan-Wappen war eines der
ersten erfolgreichen Markenzeichen eines Unternehmens. Zu sehen sind in der
Ausstellung Werbeplakate, Schiefertafeln, Stahlfedern, Tintenfässer und
eine große Auswahl von Füllern.
Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie wurde früher Kindern die Schreibschrift
vermittelt und wie lernen sie sie heute. Von 1915 bis 1941 war in Preußen
Sütterlin Pflicht, erfunden vom Grafiker Ludwig Sütterlin. Typisch für
diese Schrift sind Auf- und Abstriche, Verbindungsbogen und -haken sowie
Ovalformen. Danach galt bis in die 50er Jahre die deutsche Normalschrift,
eine Form der lateinischen Schrift.
Ab 1953 setzte sich die Lateinische Ausgangsschrift durch. Da viele Kinder
damit Probleme hatten, entwickelten Pädagogen und Wissenschaftler in den
60er Jahren die Vereinfachte Ausgangsschrift (VA). Die kleinen Buchstaben
werden mit einem Aufstrich verbunden, das Schreiben geht flüssiger von der
Hand. Die großen Buchstaben ähneln Druckbuchstaben, es gibt weniger
Schnörkel als zuvor. Die unterschiedlichen Schriften kann man in der
Ausstellung nebeneinander studieren.
Heute lernen GrundschülerInnen als Erstschreibschrift die Druckschrift.
Darauf aufbauend sollen sie in den meisten Bundesländern eine verbundene
Schrift lernen. Auch das Schreiben mit dem Füller ist weiter Usus. Dadurch
wird automatisch die richtige Schreibhaltung eingenommen. „In
skandinavischen Ländern haben Grundschüler die Schrift mit dem iPad
gelernt, doch jetzt geht man wieder zurück zur Handschrift, weil beim
Schreiben mit Hand viel mehr Prozesse im Kopf ausgelöst werden, als wenn
man nur auf einen Knopf drückt“, sagt Pelikan-Archivar Wilfried Leuthold.
Übrigens: Auf die Frage „blau oder grün“ werden Leserinnen möglicherweise
„rot“ antworten – weil blau als Jungenfarbe galt, brachte Pelikan auch
einen roten Füller auf den Markt, der sich bei Mädchen großer Beliebtheit
erfreute. Heute gibt es auch Pelikan-Füller in Pink, Lila, mit Rillen oder
in schimmernder Metallic-Lackierung.
24 May 2025
## AUTOREN
Joachim Göres
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