# taz.de -- das wird: „Man muss sich trauen, Utopien zu entwerfen“ | |
> Die Theaterbande zeigt mit „König:in von Deutschland“ eine Reise durch | |
> Regierungsformen | |
Interview Karoline Gebhardt | |
taz: Frau de la Chevallerie, in „König:in“ von Deutschland malen Sie sich | |
mit der Theatergruppe ein gerechtes Königreich aus. Wie sähe Ihr gerechtes | |
Königreich aus? | |
Nina de la Chevallerie: Man fragt sich ja häufig, welche die beste | |
Staatsform ist. In kühnen Träumen könnte ich mir vorstellen, dass es | |
vielleicht ein Kollektiv gibt, was Verantwortung übernimmt. Eine gerechte | |
Königin wäre da vielleicht eine Möglichkeit, weil ich glaube, dass es | |
einfach wichtig ist, dass Verantwortung verteilt wird. | |
taz: Es ist ja auch subjektiv, was als gerecht empfunden wird und was | |
nicht. | |
De la Chevallerie: Richtig. Ich würde immer von Umverteilung ausgehen, also | |
von der gerechten Verteilung von Gütern, Reichtum, Geld, Wissen und | |
Privilegien. | |
taz: Wie viel Größenwahn braucht ein Theaterstück? | |
De la Chevallerie: Ein Theaterstück ist dann toll, wenn die Spielenden ein | |
Risiko eingehen, aber gleichzeitig verantwortungsbewusst damit umgehen. | |
Wenn sie sich trauen, Utopien oder Dystopien zu entwerfen, wenn sie Tabus | |
antriggern, wenn sie sich selbst vielleicht auch in Gefahr bringen. | |
taz: Wie sieht so ein Risiko aus? | |
De la Chevallerie: Damit meine ich, dass man seine Hemmschwellen | |
überwindet. Dinge ausprobiert, die man noch nicht getan hat. Die | |
Komfortzone verlässt, sich mit Texten und Phantasien anderer Menschen | |
auseinandersetzt, überhaupt im eigenen Kopf, aber auch in den Köpfen | |
anderer spazierengeht. Oder andere in den eigenen Kopf hineingucken zu | |
lassen. | |
taz: Das Stück „König:in von Deutschland „haben Sie zusammen mit den | |
Darstellern entwickelt. Welche Visionen haben die Darsteller:innen für | |
ihr Königreich entwickelt? | |
De la Chevallerie: Die Frage nach Gerechtigkeit haben sich viele gestellt. | |
Sie wurden dann aber auch schnell mit Fragen konfrontiert: Wie sieht | |
eigentlich gerechte Hilfe aus? Und woher weiß ich eigentlich, was die | |
Menschen brauchen? Und wer bin ich denn, dass ich weiß, was die Menschen | |
brauchen? Da kommt es schon zu einer Art Ernüchterung. Sie haben gemerkt, | |
dass sie das nicht alleine machen können, also brauchen sie Menschen, die | |
ihnen beiseite stehen. Also wurde ein Ministerrat berufen. Aber die | |
Minister:innen haben dann wieder eigene Vorstellungen davon, welchen | |
Verantwortungsbereich sie haben wollen und welchen nicht. Aber es gab auch | |
größenwahnsinnige Phantasien und ein Spiel mit autokratischen Staatsformen. | |
taz: Das bildet die Realität ja ganz gut ab. Wie sah das genau aus? | |
De la Chevallerie: Die Impulse der Teilnehmenden wurden sehr inspiriert aus | |
dem täglichen Geschehen. Es gab viele Gespräche darüber, was in den USA und | |
in Deutschland gerade passiert und das fließt alles ein. Eine Frage war | |
auch: Wie gehen wir um mit der Reproduktion von Staatsformen, die wir | |
eigentlich ablehnen? | |
Und? | |
Wir haben die Beobachtung gemacht, dass es, wenn jetzt jemand einen | |
Trump-Typen spielt, großen Entertainmentfaktor hat. Das ist dann lustig und | |
harmlos. Und trotzdem haben wir uns die Frage gestellt, was wir erzählen | |
wollen, was passieren muss, um solche Personen zu entmachten. | |
taz: Hat denn eine Entmachtung stattgefunden? | |
De la Chevallerie: Die hat stattgefunden. | |
28 May 2025 | |
## AUTOREN | |
Karoline Gebhardt | |
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