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## Als die Geoman verstummte | |
Die Geoman war ein Ungetüm aus Stahl. 17 mal 36 Meter maß die | |
Druckmaschine, die in einer Fabrikhalle in Berlin-Hohenschönhausen stand. | |
„Ich kenne jede Schraube“, pflegte der Drucker Jürgen Rademacher zu sagen. | |
26 Jahre wurde auf der Geoman die Berlinausgabe gedruckt. Bis Ende 2015. Da | |
machte der Besitzer, Rolf-Friedrich Henke, mehrfacher Millionär mit | |
linksradikaler Vergangenheit, den Laden dicht. Die Firma war nicht | |
insolvent, machte aber wegen Internet und Digitalisierung keine Gewinne | |
mehr. Bis zuletzt hatte die 20-köpfige Belegschaft um den Erhalt gekämpft, | |
sogar freiwillig unter Lohnverzicht Kurzarbeit geschoben. Dass er noch mal | |
eine Anstellung als Drucker finde, glaube er nicht, sagte der damals | |
55-jährige Rademacher. „Ich bin wohl ein Auslaufmodell.“ Und der Mann in | |
der blauen Latzhose sagte Sätze, die man nicht mehr oft hörte: Er sei immer | |
stolz gewesen, ein Arbeiter zu sein. „Ein richtiger Arbeiter, ich lasse | |
nicht den Meister raushängen.“ Als 2015 in Hohenschönhausen Druckschluss | |
war, wechselte die taz zu einer Druckerei in Wittenburg bei Schwerin. In | |
einem alten Schreibblock findet man Rademachers Nummer: Jürgen, was ist aus | |
euch geworden? Viele von der alten Truppe seien in ein Loch gefallen, | |
einige abgestürzt, erzählt der heute 64-Jährige. Und du? „Ich habe mir | |
einen Kindheitstraum erfüllt“, lacht er. „Jetzt bin ich S-Bahn-Fahrer“. | |
Plutonia Plarre ist taz-Redakteurin seit 1987. | |
19 May 2025 | |
## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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