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| Auf einmal war da ein Nest aus Kabelbindern, Dämmwolle und roten Bindfäden, | |
| aber: „Welche Vogelart sich da in einer Ecke auf dem Außenbalkon des | |
| taz-Gebäudes im dritten Stock häuslich eingerichtet hat, ließ sich am | |
| Sonntag nicht ergründen“, schrieb Kollegin Klöpper an dieser Stelle vor | |
| einiger Zeit und versprach weitere Recherchen. | |
| Nunmehr wissen wir: Eine Krähe soll es wohl gewesen sein. Das kann aber | |
| keine*n Journalist*in zufriedenstellen. Zum Glück genügt zur | |
| Artbestimmung ohne Anschauungsexemplar aber vergleichsweise geringfügiges | |
| Fachwissen. | |
| Durch Deutschland verläuft nämlich eine europaweit relevante Grenze, die | |
| kein Mensch gezogen und kein solcher jemals verrücken können wird. Sie | |
| trennt zwei Arten von Krähen, die sich genetisch nur wenig, optisch dafür | |
| doch recht deutlich voneinander unterscheiden: Die Rabenkrähe (Corvus | |
| corone) ist vollständig schwarz, bei der Nebelkrähe (Corvus cornix) sind | |
| weite Teile des Gefieders abseits vom Kopf anthrazitfarben. Östlich der | |
| Elbe bis zum Nahen Osten sieht man nur Nebelkrähen, in Westdeutschland, bis | |
| nach Spanien dominiert die Rabenkrähe. Zwar begegnen sich die beiden Arten | |
| in Mitteldeutschland, sie ziehen es aber vor, sich eher mit gleich | |
| aussehenden Artgenossen zu paaren. Daher ist der „Krähenäquator“ bis heute | |
| ein ziemlich sicherer ornithologischer Marker. Nun ist das Nest zwar | |
| verlassen und niemand weiß, was den Vogel bewogen hat, die Einrichtung | |
| eines neuen Zuhauses am taz-Bau urplötzlich wieder abzubrechen. Aber so | |
| viel darf als sicher gelten: Es muss eine Nebelkrähe gewesen sein. | |
| Konstantin Nowotny | |
| 16 May 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Konstantin Nowotny | |
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