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# taz.de -- in eigener sache: Mordaufruf gegen Redakteur: Stellungnahme der taz…
Berichterstattung über Israel und Palästina muss dieser Tage viel
aushalten, in der taz wie in anderen Medien. Und damit meinen wir ganz
explizit nicht Kritik, die es bei diesem historischen Konflikt wie bei kaum
einem anderem Thema gibt und auch geben muss. Beleidigungen, Anfeindungen,
Drohungen, die auch zu anderen Themen bei uns anlanden, erreichen beim
Komplex Nahost jedoch ein ungleich höheres Level.
Was wir seit dieser Woche sehen, ist allerdings nicht einfach eine neue
Ebene der Gewaltdrohungen, wie sie zumeist auf Social-Media-Kanälen
verbreitet werden. In Berlin wurde ein Plakat mit der Überschrift „Wanted“
und dem Slogan „From the river to the sea“ im öffentlichen Raum angebracht,
auf dem das Gesicht unseres Kollegen Nicholas Potter gezeigt wird. Darunter
steht ein offener Aufruf zu Gewalt gegen ihn, der als Morddrohung
verstanden werden muss. Das ist eine Stufe der Eskalation, an der jede
Diskussion über legitime Kritik endet.
Seit Monaten schon wird Nicholas Potter auf Social-Media-Plattformen und
mit Aufklebern an öffentlichen Orten angefeindet und bedroht. Letztere
tauchten verstärkt nach einer Recherche des Kollegen über eine Plattform im
russischen Propagandakomplex auf und sind im Ton des aggressiv
antiisraelischen Lager gehalten. Seine Berichterstattung soll offenbar
durch Einschüchterung unterbunden werden.
All das findet nicht im luftleeren Raum statt. Reporter ohne Grenzen (RSF)
hat 2024 in Deutschland eine Verdopplung der verifizierten Übergriffe gegen
Medienschaffende im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet. Von den insgesamt 89
Übergriffen waren 75 Angriffe wie Tritte, Stoßen oder das Bewerfen mit
Gegenständen. 38 Fälle körperlicher Gewalt ereigneten sich allein auf
Nahostdemonstrationen in Berlin. 21 weitere Angriffe kamen aus dem
verschwörungstheoretischen und rechtsextremen Umfeld.
Die Drohungen gegen Nicholas Potter sind, neben der ganz persönlichen
Bedrohung des Kollegen, auch ein Angriff auf die Pressefreiheit. Die taz
will und wird das nicht hinnehmen. Wir haben uns mit allen journalistischen
und juristischen Mitteln dagegen gewehrt und werden dies auch weiterhin
tun.
Wer die Urheber hinter dem neuen Plakat mit dem Gewaltaufruf sind, ist
bisher unbekannt. Ihr Zweck aber ist eindeutig: die Einschüchterung von
Journalisten noch zu eskalieren und körperliche Gewalt, ja Mord als Teil
der politischen Auseinandersetzung zu propagieren. Eine solche Qualität der
Bedrohung ist bislang überwiegend aus dem rechtsextremen Spektrum bekannt.
Es liegt in der Verantwortung der Gesellschaft, ob sie dies hinnimmt.
Wir stehen hinter unserem Kollegen. Wir unterstützen ihn mit allem, was er
braucht, und ergreifen Maßnahmen, um ihn zu schützen.
Die Berichterstattung der taz über den Nahostkomplex ist unabhängig, sie
kann und wird niemals allen gefallen. Denn wir bemühen uns um Vielfalt in
der Berichterstattung, darum, verschiedenste Sichtweisen darzustellen, und
sparen auch nicht mit Kritik an allen Seiten. Wir werden das ganz genau so
weitermachen, und unser Kollege Nicholas Potter wird berichten wie bislang
auch.
Die taz wird sich, wie sie es immer schon getan hat, weiter dafür
einsetzen, dass Journalisten weltweit und auch in Deutschland frei und ohne
Angst ihre Arbeit tun können. Dafür wurde die taz gegründet, dafür wird die
taz auch künftig einstehen.
taz-Chefinnenredaktion Barbara Junge, Ulrike Winkelmann, Katrin Gottschalk
17 Apr 2025
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