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# taz.de -- berliner szenen: Es passt zur ganzen Weltlage
Es gibt ungünstige Konstellationen, denn ich habe zugenommen, seitdem ich
nicht mehr rauche. Erst war alles in Ordnung, aber mittlerweile passe ich
nicht mehr richtig in meine Röcke. Sie sind so eng, dass ich beim Hinsetzen
Sorge habe, der Rock könnte wie eine Wurstpelle aufplatzen. Als ich das
letzte Mal so zugenommen hatte, war ich schwanger und habe mit Leidenschaft
gegessen. Irgendwann konnte ich abends auf dem Sofa einen Teller auf meinem
riesigen Bauch abstellen und bemühte andauernd die Ausrede, dass mir sonst
schlecht wäre, denn offenbar würde das Kind in meinem Bauch etwas zu
futtern brauchen. Das Kind ist bald 23 und ich habe dummerweise keine
Ausrede mehr. „Trag Hosen“, sagt meine Freundin W. lapidar, als ich mich
bei ihr beschwere. „Genau das gleiche Problem“, antworte ich. „Dann also
Diät halten“, sagt W. und schickt mir Links zum Fasten. Ich faste also
versuchsweise. Es passt ja auch zur ganzen Stimmung der Weltlage. Der
Gürtel wird enger geschnallt. Zwischen 22 Uhr und 12 Uhr mittags esse ich
nichts und trinke nur Wasser. Das klappt ganz gut. Kaum ist es aber zwölf
Uhr mittags, ist es vorbei mit der Disziplin. Ich esse erst Müsli und dann
Pasta und bekomme davon Heißhunger auf Schokoriegel.
Neulich stehe ich an der Supermarktkasse. Mein Einkauf ist vorbildlich
Schokolade-, Keks- und Chipsfrei, als ich an der Kasse eine geöffnete
Packung Schokoriegel bemerke. Die Verkäuferin zieht mein Gemüse durch,
bemerkt meinen Blick und sagt: „Wollen Sie einen? Ich bin froh, sonst esse
ich die alle allein.“ „Oh“, sage ich und sehe sie erschreckt an. „Ich b…
auf so was wie Diät“, erkläre ich abwehrend. „Hier“, sagt sie und hält…
die Packung hin. „Alle sind immer auf Diät. Ich auch. Aber wir brauchen
jetzt alle Nervennahrung.“
Isobel Markus
4 Apr 2025
## AUTOREN
Isobel Markus
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