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# taz.de -- berliner szenen: Spektakel ohnegleichen
Im Saal der Deutschen Oper ist es an diesem Abend ungewöhnlich heiß und das
liegt ausnahmsweise nicht an jenem Schauspieler, der immer blankzieht.
Tatsächlich bläst ein riesiger, lauter Beamer einen schweren Mief in die
Luft. Er gehört dem amerikanischen Performance-Franchise Shen Yun, das für
eine Woche die Deutsche Oper nutzt, um ein Spektakel aufzuführen, das
seinesgleichen sucht – negativ gemeint. Shen Yun gehört zur in China
verfolgten Glaubensgemeinschaft Falun Gong, die vorgibt dort eine
Kulturgeschichte Chinas „vor dem Kommunismus“ zu zeigen. Spätestens seit
dem „ZDF Neo Magazin Royale“ weiß man, dass man dort neben bunten Kostümen
auch reine Propaganda angucken kann. Aufregend! Meine Erwartungen
verfliegen so schnell wie der Nebel auf der Bühne. Statt atemberaubender
Akrobatik sehen wir sich wiederholende Sprünge und ein stocksteifes
Moderatorenpaar, das alle paar Minuten mit dem Charme einer Bahn-Durchsage
den nächsten Akt ankündigt. Ich vermisse ein Bühnenbild, eine kohärente
Erzählung und eine stärkere Klimaanlage. Der Beamer strahlt schlecht
animierte Bilder auf die Bühne, in die die Tänzer*innen hineinschmelzen
und als Avatare durch die Beamer-Welt wackeln – bis ein Tsunami jene
trifft, die als ungläubige Kommunisten dargestellt werden. Zwischendrin
besingt eine Sopranistin die Evolutionstheorie und den Atheismus als
großes Übel der modernen Gesellschaft. Fazit: China schlecht, Falun Gong
gut, Kommunismus böse, Selfiestick auch schlecht. Gott? Super!
Tiefgründigere Performances habe ich bereits um 5 Uhr morgens an der
Warschauer Straße gesehen – fragwürdige Glaubenssysteme inklusive.
Vielleicht könnte man ein Crowdfunding starten, um in Zukunft mal diese in
die Deutsche Oper zu bringen. Ansprüche scheint man dort ja nicht zu haben
– solange die Miete stimmt. Shayna Bhalla
28 Mar 2025
## AUTOREN
Shayna Bhalla
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