# taz.de -- das wird: „Die Minderheiten sollen ein Gesicht bekommen“ | |
> Gamification-Experte Jens Bahr über das Minderheitenlabyrinth, das in der | |
> Akademie Sankelmark einen interaktiven Erlebnisraum öffnet | |
Interview Ralf Lorenzen | |
taz: Herr Bahr, was darf ich mir unter dem Minderheitenlabyrinth | |
vorstellen? | |
Jens Bahr: Eine Art Escape Room, der in einem echten Atomschutzbunker unter | |
der Akademie Sankelmark liegt. Dort haben wir auf spielerisch rätselhafte | |
Weise das Thema „Minderheiten in der Grenzregion“ aufgearbeitet. Gruppen | |
von bis zu 30 Personen werden in diesen Bunker geschickt, die dort Rätsel | |
lösen und so mehr über die Minderheiten in der Grenzregion erfahren. | |
taz: Also die Deutschen in Dänemark, die Däninnen und Dänen in Deutschland, | |
den Nordfries*innen sowie die Sinti und Roma. Beschreiben Sie doch bitte | |
zwei, drei Stationen dieses Labyrinths. | |
Bahr: Bei einer Station geht es zum Beispiel um die Grenzverschiebungen. Da | |
müssen die Teilnehmenden kleine Rätsel lösen, um den historischen Verlauf | |
der deutsch-dänischen Grenze, der sich ja mehrmals geändert hat, zu | |
rekonstruieren. Dabei lernen sie, wie es dazu kam, dass viele Menschen, die | |
vorher in Dänemark gewohnt hatten, auf einmal in Deutschland lebten. So | |
wird die Lebensrealität in der Grenzregion greifbarer. Bei einem anderen | |
Rätsel geht es um das Biikebrennen, das natürlich in Nordfriesland ein | |
großes Thema ist. Da müssen die Teilnehmenden mit Kerzen Schatten auf ein | |
Holzbrett werfen, das die Karte Schleswig-Holsteins darstellt. Ziel ist es, | |
die Kerzen an den Orten zu platzieren, wo das Biikebrennen groß gefeiert | |
wird. | |
taz: Was kann man über die Sinti und Roma erfahren? | |
Bahr: Wir haben zwei Mitglieder der Minderheit interviewt, die man in Form | |
von Videos genau kennenlernt und dabei viel über die Minderheit erfährt. | |
Prinzipiell werden die Gruppen so aufgeteilt, dass sich die Teilnehmenden | |
exklusiv mit einer Minderheit beschäftigen, zum Beispiel also den Sinti und | |
Roma. Dann gibt es noch eine fünfte Gruppe, die nennen wir die | |
Grenzlandgruppe. Da beschäftigt man sich mit allen Minderheiten. Am Ende | |
kommen die Gruppen zusammen und tauschen sich aus, sodass sie nicht nur | |
über eine Minderheit etwas erfahren, sondern über alle. | |
taz: Erst wer alle Fragen löst, darf den Bunker verlassen? | |
Bahr: Man ist zu keinem Zeitpunkt da unten eingesperrt. Es geht nicht | |
darum, dort wieder rauszukommen, sondern die Mission für die Spielenden ist | |
es, einen Film zu rekonstruieren. Die Teilnehmenden finden Filmschnipsel, | |
die sie sich angucken, und setzen die wieder zusammen. Wenn der Film | |
komplett ist, gucken sich alle gemeinsam den freigespielten Film an und | |
reden darüber. | |
taz: Gibt es dabei Unterstützung für die Teilnehmenden? | |
Bahr:Es gibt immer Guides, die einen durch das Labyrinth führen. Bevor man | |
in den Bunker geht, gibt es ein Briefing mit den Spielregeln und eine | |
Einführung in die Story. Für das abschließende Debriefing mit den Guides, | |
bei dem der Film geguckt wird, haben wir Reflexionsfragen vorbereitet, die | |
in der Gruppe diskutiert werden. | |
taz: Was ist das übergeordnete Lernziel des Labyrinths? | |
Bahr: Dass man sich auf spielerische Weise über die Minderheiten | |
informieren kann. Da sind zum einen die Fakten wie Entstehung, | |
Institutionen, Sprache. Aber vor allem sollen die Minderheiten ein Gesicht | |
bekommen, in dem Erfahrungen und Lebensrealitäten auf persönlicher Ebene | |
mitgeteilt werden. Deswegen setzen wir besonders auf Video-Interviews. | |
taz: Welche Zielgruppen sollen mit dem Minderheitenlabyrinth angesprochen | |
werden? | |
Bahr: Das ist sehr offen. Es geht nicht nur um Schulklassen, auch wenn die | |
allein schon durch die Gruppengröße prädestiniert sind, das mal zu spielen. | |
Es richtet sich an alle, die das Thema interessiert. | |
taz: Welche Rückmeldungen gab es in der Testphase? | |
Bahr: Durchweg positive, vor allem dafür, dass es eine ganz neue, | |
spielerische Weise ist, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. | |
14 Mar 2025 | |
## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
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