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# taz.de -- Bayers Horror-Picture-Show
> Ausgerechnet, als die Bayern in der Männer-Bundesliga patzen, leistet
> sich Leverkusen eine Heimniederlage gegen Werder Bremen. Zudem verletzt
> sich Schlüsselfigur Florian Wirtz. Damit sind wohl zwei Titel innerhalb
> einer Woche futsch
Bild: Da ist Leverkusens Welt noch ein bisschen in Ordnung: Wirtz und Mitchell …
Aus Leverkusen Daniel Theweleit
Zumindest für ein, zwei Minuten schwappten selbst an diesem finsteren Tag
ein paar sehr besondere Fußballemotionen durch die BayArena, ein Gefühl
der Hoffnung. Die Stadionregie blendete den Zwischenstand vom Parallelspiel
aus München ein, wo der VfL Bochum führte, was Fantasien von einer
wundersamen Wendung weckte. Doch der kurze Höhenflug endete schnell, weil
die Mannschaft unten auf dem Rasen nicht empfänglich war für derartige
Impulse. Sie wurstelte einfach weiter, blieb gelähmt, geschockt. Weil
Florian Wirtz verletzt vom Platz gehumpelt, weil die gewohnte
Selbstverständlichkeit des Spiels verloren war. Am Ende stand in diesem
eigentlich als Alltagsspiel deklarierten Duell gegen Werder Bremen eine
0:2-Niederlage, die tiefe Wunden geschlagen hat.
Der Verlauf des Nachmittags war nicht einfach nur ärgerlich, noch mehr
schmerzten die Umstände. Mitchell Weiser hatte Wirtz so hart gefoult, dass
der Leverkusener Star, der zuvor eine Halbzeit lang geschont worden war,
ausgewechselt und ins Krankenhaus gefahren werden musste. Der Mann, ohne
den kaum vorstellbar ist, dass am kommenden Dienstag der 0:3-Rückstand aus
dem Achtelfinalhinspiel in der Champions League gegen die Bayern aufgeholt
werden kann, droht auszufallen. „Es war ein Scheißtag“, sagte Trainer Xabi
Alonso, der in der Halbzeit auch noch Granit Xhaka und Edmond Tapsoba vom
Feld nehmen musste, die zum vorläufigen Saisonhöhepunkt gegen die Bayern
ebenfalls wegen nicht genauer beschriebener Blessuren spielunfähig sein
könnten.
Verstärkt wurde der Frust dann auch noch, weil die Chance vergeben wurde,
Selbstvertrauen zu sammeln. Diese Partie hätte das Potenzial zu einem
Wendepunkt gehabt, sogar der Titelkampf in der Bundesliga wäre wieder offen
gewesen. „Heute war alles schlimm, auch das“, sagte Alonso, als er auf die
Kollateralschäden angesprochen wurde.
Ein Teil der Nachbetrachtung drehte sich dann um die Frage, ob Weiser für
sein zwar versehentliches, aber schon sehr brutales Foul eine Rote Karte
hätte sehen müssen. „Wenn ein Spieler zu langsam vom Feld geht, bekommt er
Gelb, und wenn er einen wegtritt, auch“, sagte der Leverkusener Sportchef
Simon Rolfes. „Da fehlt mir die Verhältnismäßigkeit. Es war nicht der
Grund, weshalb wir heute verloren haben, aber das war Rot.“
Beinahe untergegangen wäre in diesem Sturm der Leverkusener
Horrormeldungen, dass sich das Team in dieser entscheidenden Saisonphase
auch fußballerisch auf einem bedenklichen Weg in eine Krise befindet. „Wir
haben es einfach nicht gut gemacht“, sagte Jonathan Tah, „wir haben viel zu
viele Bälle verloren und überhaupt keine Gefahr ausgestrahlt.“ Leverkusen
hatte keine einzige klar herausgespielte Torchance.
Schon in München am vorigen Mittwoch war nicht viel zu sehen von der
Selbstverständlichkeit, mit der diese Mannschaft seit beinahe zwei Jahren
fast jeden Gegner dominiert. Sie spielten Fehlpässe, erlaubten sich
ungewohnte Ungenauigkeiten, waren offensiv vollkommen harmlos. Und das
liegt auch daran, dass Xabi Alonso nicht zum ersten Mal im Jahr 2025
Maßnahmen ergriff, die nicht die erhoffte Wirkung hatten. „Ich vergesse
diesen Tag, das Spiel war schlimm, meine Entscheidungen waren nicht gut“,
sagte er.
An diesem Tag schonte er zu Beginn Wirtz, Exequiel Palacios und die nicht
zu ersetzenden Flügelspieler Alejandro Grimaldo sowie Jeremie Frimpong,
womit der Trainer dem Team seine wichtigsten Stärken nahm. „Wir hatten
keine Kontrolle, wir haben keinen logischen Fußball gespielt“, räumte er
ein. Und dann sei auch noch „die Coolness“ verloren gegangen, nachdem Mario
Hermoso das Bremer 0:1 durch Romano Schmid (7.) mit einem schlimmen
Fehlpass tief in der eigenen Hälfte eingeleitet hatte.
Nun droht ein Frühjahr der Trostlosigkeit, denn in dem wahrscheinlichen
Fall, dass Leverkusen gegen die Bayern aus der Champions League
ausscheidet, bleiben kaum noch interessante Herausforderungen. In der
Bundesliga fehlt die Spannung, weil die Bayern eigentlich nicht mehr
einzuholen sind; im Pokal gibt es das mäßig reizvolle Halbfinale in
Bielefeld. Nur das in einer fernen Zukunft liegende Pokalendspiel bliebe
noch. All das müsse das Team aber jetzt „vergessen“, sagte Alonso, der
zumindest versuchte, den Glauben an einen Verbleib in der Champions League
aufrechtzuerhalten: „Es ist klar, dass das nicht einfach ist, aber wenn man
nicht daran glaubt, dann gibt es keine Chance.“
10 Mar 2025
## AUTOREN
Daniel Theweleit
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