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# taz.de -- berliner szenen: Immer Sorgen um Schnuppie
Schnuppie“, ruft ein dünner, großer Mann in einer Daunenjacke auf dem
U-Bahnhof. Es klingt ein bisschen verzweifelt. „Schnuuuppie“, ruft er noch
mal. „Schnuuuppie!“ Ich sehe mich um und erwarte einen Hund. Hoffentlich
ist er nicht verloren gegangen oder hängt irgendwo fest. Ich habe einmal
miterlebt, wie sich ein Hund in der U-Bahn die Hinterpfote in der Tür
einklemmte. Das Geschrei war markerschütternd. Mit vereinten Kräften
schoben ein paar Leute die Tür wieder auf und trösteten den Hund, bis es
ihm besser ging.
Ich stelle mir Schnuppie irgendwie klein und wuschlig vor, sodass er genau
in die Tasche passt, die der Mann am Handgelenk trägt. Vielleicht hat
Schnuppie ein glitzerndes Halsband oder eine niedliche Schleife im Haar,
genau in der Mitte über den Augen, dabei kann er ziemlich böse knurren und
die Zähne fletschen wie der Hund von einer Großtante, der genauso aussah
und vor dem ich als Kind Angst hatte, weil er einem ans Bein ging, wenn er
schlecht gelaunt war. Vielleicht ist Schnuppie, oh Schreck, auf die Gleise
gefallen, hängt fest und niemand hat es mitbekommen. Und gleich kommt auch
noch die U-Bahn, nämlich in 2 Minuten schon. Mir wird ganz schlecht.
„Schnuppie?“, ruft der Mann wieder anklagend. Eine Frau guckt auch mit und
sieht mich dann beunruhigt an. Es dauert nicht mehr lange und ich rufe mit.
Ich begegne dem Blick des Mannes. Er sieht weg und ruft noch mal nach
Schnuppie. „Ja doch, ja“, brummelt es da. Um die Ecke des Kiosks kommt ein
kleiner Mann, er geht behäbig und schnauft dabei. Der Große umarmt ihn
erleichtert und gibt ihm einen Kuss auf den Kopf.
Ich bin froh, dass Schnuppie kein Hund ist und irgendwo im Gleisbett
klemmt, aber wirklich auch, dass ich nicht mitgerufen habe.
Isobel Markus
3 Mar 2025
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Isobel Markus
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