| # taz.de -- talkshow: Verlust ist ihr Geschäft | |
| > Geht es der Deutschen Bundesbank nicht gut? Zum ersten Mal seit 1979 | |
| > macht sie jedenfalls Verlust. Allerdings ist sie keine Bank wie jede | |
| > andere | |
| Bild: Foto: the_burtons/getty images | |
| Von Ulrike Herrmann | |
| Die Bundesbank hat im Jahr 2024 einen beachtlichen Verlust verbucht. 19,2 | |
| Milliarden Euro betrug das Minus, wie am Dienstag bekannt wurde. Rote | |
| Zahlen hatte es in der Bilanz der Bundesbank zuletzt 1979 gegeben. Müssen | |
| sich die Deutschen jetzt Sorgen machen? | |
| Nein. Die Bundesbank verkraftet Verluste mühelos, weil sie einfach neues | |
| Geld „drucken“ kann – und schon ist die Bilanz wieder ausgeglichen. | |
| Aber von vorn. Die Bundesbank ist bekanntlich kein normales Kreditinstitut, | |
| sondern eine Tochter der [1][Europäischen Zentralbank] (EZB). Zentralbanken | |
| steuern die Wirtschaft und vor allem die Inflation, indem sie die Zinsen | |
| beeinflussen. | |
| Dafür gibt es verschiedene Instrumente. Dazu gehört der | |
| „Hauptrefinanzierungssatz“, den die Banken zahlen müssen, wenn sie sich | |
| Geld bei der Zentralbank leihen. Es gibt aber auch die „Einlagezinsen“, die | |
| die Banken von der Zentralbank erhalten, wenn sie dort ihr Geld parken. | |
| Droht nun eine Inflation, werden diese verschiedenen Zinsarten nach oben | |
| gesetzt, damit Kredite für die Bankkunden knapp und teuer werden – und | |
| weniger Geld in die Wirtschaft fließt. Dann beginnt eine Spirale nach | |
| unten: Ohne Kredite kann nicht mehr investiert werden, die Nachfrage bricht | |
| ein, und die Firmen kämpfen mit Überkapazitäten – was dann zu sinkenden | |
| Preisen führt. Ist die Inflation vorbei, gehen die Zinsen der Zentralbank | |
| wieder zurück. So weit die Theorie. | |
| Allerdings beeinflusst diese Zinspolitik vor allem die kurzfristigen | |
| Kredite. Um die Finanzmärkte langfristig zu steuern, kaufen und verkaufen | |
| Zentralbanken auch noch Staatsanleihen. Diese Papiere verbriefen Kredite, | |
| die die Regierungen auf den Finanzmärkten aufgenommen haben. Wenn die EZB | |
| einen guten Preis für diese Staatsanleihen bietet, dann verkaufen die | |
| Banken ihre Papiere gern weiter. | |
| Diese Mixtur an Instrumenten kann bei einer Zentralbank Gewinne oder | |
| Verluste erzeugen, je nachdem wie sprunghaft sich Inflation und Zinsen | |
| verändern. | |
| Besonders krass war es nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. 2022 | |
| lag die Inflation in Deutschland bei 6,9 Prozent, und 2023 waren es immer | |
| noch 5,9 Prozent. Auch in allen anderen Euroländern nahm die Geldentwertung | |
| zu. [2][Also setzte die EZB ihre Zinsen hoch.] In der Spitze lag der | |
| „Hauptrefinanzierungssatz“ bei 4,5 Prozent, und momentan beträgt er immer | |
| noch 2,9 Prozent. | |
| Kaum stiegen die Zinsen, summierten sich auch die Verluste bei der EZB und | |
| ihren Töchtern. Denn sie besaßen noch viele Staatsanleihen aus den Jahren | |
| vor dem Ukrainekrieg, als die Zinsen ganz niedrig lagen. Die Erträge aus | |
| diesen Papieren sind also gering, während die Bundesbank den Banken | |
| gleichzeitig hohe Einlagenzinsen zahlt, damit sie ihr Geld bei der | |
| Zentralbank parken. Diese Zinsdifferenzen führten dann im Jahr 2024 zu dem | |
| Verlust von 19,2 Milliarden Euro. | |
| Auch in den nächsten Jahren ist mit roten Zahlen bei der Bundesbank zu | |
| rechnen, wie ihr Chef Joachim Nagel warnte. Aber es gibt einen Trost, wie | |
| er findet: Die Bundesbank verfügt über ein enormes Eigenkapital von 251 | |
| Milliarden Euro. Unter anderem besitzt die Bundesbank immer noch rund 3.351 | |
| Tonnen Gold. Es drohe also keine „Überschuldung“, beruhigte Nagel die | |
| Nation. | |
| Diese Aussage ist richtig und falsch zugleich. Der Witz ist nämlich: Eine | |
| Zentralbank ist nie überschuldet. Sie benötigt überhaupt kein Eigenkapital, | |
| um ihre Verluste abzufedern. Nur normale Banken müssen über Vermögen | |
| verfügen, damit sie nicht in die Pleite rutschen, falls sie ein Minus | |
| einfahren. Zentralbanken sind von dieser Fessel befreit, denn sie haben | |
| eine einzigartige Macht: Sie können ihr eigenes Geld in beliebiger Menge | |
| „drucken“. Sie müssen es nur in die Bilanz buchen. | |
| Auf den ersten Blick mag es beängstigend wirken, dass die Zentralbanken ihr | |
| eigenes Geld herstellen können. Aber diese Unabhängigkeit ist zwingend | |
| nötig, weil Zentralbanken nicht nur die Zinsen regulieren – sondern auch | |
| die „Retter in letzter Instanz“ sind. Falls es zu einem Crash auf den | |
| Finanzmärkten kommt, können sie die Banken und den Staat mit dem nötigen | |
| Geld ausstatten, um die Krise zu überwinden. | |
| Kurz: Es ist keine interessante Nachricht, dass die Bundesbank Verlust | |
| gemacht hat. Das gehört zu ihrem Geschäftsmodell. | |
| 28 Feb 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.ecb.europa.eu/home/html/index.en.html | |
| [2] /!5874873&SuchRahmen=Print | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrike Herrmann | |
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