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# taz.de -- TU streitet mit der Landesregierung: Der Rotstift geht um
> Die Technischen Universität droht damit, den schwarz-roten Senat zu
> verklagen. Denn mit den Einsparbeschlüssen wird der Hochschulvertrag
> verletzt.
Bild: Das Geld wird nicht mehr in Strömen fließen: das Telefunken-Haus der TU…
Berlin taz | Das Klima zwischen den Berliner Hochschulen und dem Senat wird
rauer. In dieser Woche hat der [1][Akademische Senat der Technischen
Universität] beschlossen, die Landesregierung zu verklagen, weil sie mit
ihren Einsparbeschlüssen den vor einem Jahr abgeschlossenen
Hochschulvertrag verletzt hat.
Die Klage werde dann eingereicht, wenn die Wissenschaftssenatorin Ina
Czyborra „bis zum 10. März 2025 keine substantiellen
Verhandlungsvorschläge unterbreitet“, heißt es in dem Beschluss. Ob die
SPD-Senatorin durch diese Hintertür zum Kompromiss schreiten wird, ist
derzeit offen. Im Moment häufen sich im wissenschaftlichen Berlin die
Hiobsbotschaften, die der abrupte Sparkurs des Senats ausgelöst hat.
Und die finanziellen Daumenschrauben werden nicht nur in diesem Jahr
schmerzen, wo allen Hochschulen und Forschungseinrichtungen eine
Etatkürzung von 8 Prozent auferlegt wurde. Auch in den Jahren 2026 und 2027
regiert der Rotstift weiter, wie aus den am Dienstag [2][vom Senat
beschlossenen Eckwerten] für den Doppelhaushalt dieser beiden Jahre
hervorgeht.
Gegenüber den bisherigen Ansätzen muss in beiden Jahren der Landesetat um
zusammen 1,5 Milliarden Euro schrumpfen. Das betrifft auch das Budget der
Wissenschaftsverwaltung, die 2026 mit 3,5 Milliarden Euro auskommen muss –
der zweitgrößte Posten im Berliner Etat nach dem Schulressort. Licht am
Ende des Tunnels wird immerhin für 2027 vom Finanzsenator in Aussicht
gestellt: Dann soll die Wissenschaft um den minimalen Betrag von 35
Millionen Euro wachsen. Bis dahin kann aber noch viel passieren.
## Stillstand und Abbau
Oder eben nicht: Die Präsidenten und Rektoren der Hochschulen richten sich
auf Stillstand und Abbau am einst prosperierenden Wissenschaftsstandort
ein. „Wir hätten es uns anders gewünscht“, kommentiert TU-Präsidentin
Geraldine Rauch den Beschluss des Akademischen Senats, dem gleichlautende
Voten des Präsidiums und des Kuratoriums vorangegangen waren.
„In den vergangenen Monaten sind aber zu viele Versprechen gebrochen und zu
viele Bemühungszusagen ergebnislos verlaufen“, sagt Rauch mit spürbarer
Verbitterung. Die vom Regierenden Bürgermeister angekündigte
Hochschulbauoffensive habe sich „zu einer Hochschulbaublockade
umgewandelt“.
So habe die TU erst aus der Zeitung erfahren, dass die Finanzverwaltung die
Finanzierung des geplanten Physikneubaus aus Eigenmitteln der Universität
nicht erlaube. „Und dies, obwohl der Bund uns bereits 31,5 Millionen Euro
an Förderung zugesagt hat“, betont die TU-Präsidentin.
Zuvor war die Hochschule von der Senatswissenschaftsverwaltung ausdrücklich
aufgefordert worden, sich um diese Bundesmittel zu bewerben. „Die aktuelle
Landesregierung scheitert offenbar nicht nur an einer Zukunftsstrategie für
Berlin, sondern auch an internen Ressortabstimmungen“, bewertet Rauch das
politische Chaos. Es sehe nun so aus, „als würden 31,5 Millionen Euro
Bundesförderung verfallen und die experimentelle Physik als wichtiger
Innovationstreiber für Wirtschaft und Transfer abgewickelt“. Dafür hat die
TU-Chefin nur das Label: „Ein Armutszeugnis für Berlin.“
## Wochen des finanziellen Fingerhakelns
Für den laufenden Etat 2025 haben die Wochen des finanziellen
Fingerhakelns begonnen. „Eine Entscheidung über den Haushalt der Berliner
Hochschulen wird im Rahmen der kürzlich gestarteten Verhandlungen von
Änderungsverträgen zu den Hochschulverträgen 2024–2028 getroffen, die bis
Mitte des Jahres 2025 abgeschlossen sein sollen“, erklärt eine Sprecherin
von Wissenschaftssenatorin Czyborra der taz auf Anfrage.
Die aktuelle Summe, die die Hochschulen 2025 einsparen müssen, stehe „noch
nicht endgültig fest“. Die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit
und Pflege „befindet sich mit den Hochschulen hierzu in einem engen
Austausch“, so die Auskunft. Bislang war von einem „Aderlass“ von 106
Millionen Euro für die Hochschulen die Rede.
„Die Hochschulen haben ein großes Interesse an einer konstruktiven Lösung�…
versichert die Sprecherin der Humboldt-Universität, Christiane Rosenbach.
Die HU leitet derzeit die Konferenz der Berliner Hochschul-Rektoren und
Präsidenten. Aber nicht überall kommen Gespräche in Gang. „Leider wurde
eine Gesprächsanfrage von Anfang Januar an den Regierenden Bürgermeister,
den Finanzsenator und die Fraktionsvorsitzenden der Koalitionsfraktionen
bisher nicht beantwortet“, bemerkt die HU-Sprecherin.
„Wir hoffen weiterhin darauf, dass die Landesregierung den Wert der
Wissenschaft erkennt“, ergänzt die TU-Chefin. „Es muss etwas passieren beim
Hochschulbau, die soziale Verantwortung für unsere Beschäftigten ist keine
Verhandlungsmasse, unsere exzellenten Forscher*innen verdienen eine
andere Wertschätzung“. Die Wissenschaftssenatorin sollte „mit einem Plan
voranschreiten“. Dafür sei es noch nicht zu spät. „Es geht um nicht wenig…
als den internationalen Ruf des Wissenschaftsstandorts Berlin.“
## „Bei der Bildung darf kein Cent gestrichen werden“
Auch die Wirtschaft ist alarmiert. „Vor allem die Ausgaben für die
Infrastruktur, Bildung und Innovation haben eine überragende Bedeutung für
unsere wirtschaftliche Zukunft“, sagte der Geschäftsführer der
[3][Unternehmensverbände Berlin und Brandenburg (UVB)], Alexander Schirp,
nach dem Senatsbeschluss zum Doppelhaushalt.
Nicht nur Straßen, Schienen und Brücken müssten in Berlin dringend
ertüchtigt und ausgebaut werden. „Bei der Bildung darf kein Cent gestrichen
werden“, wird der Wirtschaftsvertreter deutlich. Und zur Forschung mahnt
er: „Berlin muss zudem weiter Top-Innovationsstandort bei Themen wie
Künstliche Intelligenz, Quantencomputing und Additive Fertigung sein.“
Welche wirtschaftliche Bedeutung die Wissenschaft jetzt schon für Berlin
hat, beleuchtete kürzlich eine Untersuchung des Netzwerks „Berlin Research
50“ für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Nach dem Papier
„Wertschöpfung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Berlin“,
generieren die außeruniversitären Institute der Helmholtz- und der
Fraunhofer-Gesellschaft „durch direkte, indirekte und induzierte
Beschäftigungseffekte ca. 34.000 Arbeitsplätze in Berlin und stellt somit
ca. 1,6 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen in
Berlin“.
Von ihnen wird eine Gesamtbruttowertschöpfung von 1,6 Milliarden Euro im
Jahr erwirtschaftet. Umgekehrt förderte das Land Berlin dieses Institut im
Jahr 2023 mit ungefähr 208 Millionen Euro. Das meiste Geld kam dagegen aus
dem Bundesetat, während die Hochschulen als Landeseinrichtungen vollständig
aus dem Landessäckel finanziert werden. In der Summe wurden also pro
investierten Landes-Euro weitere 8 Euro an Bruttowertschöpfung generiert –
die Wissenschaft als Wirtschaftsmotor. Außerdem erhält das Land Berlin
erhebliche Rückflüsse durch Steuereinnahmen. „Schätzungsweise fließen etwa
104,4 Millionen Euro an Steuereinnahmen ans Land Berlin, sodass sich die
Nettobelastung auf circa 103,6 Millionen Euro belaufen“, bilanziert die
Untersuchung.
## Sparhammer schlägt unerbittlich zu
Doch von einer entsprechend zukunftsgerichten Sichtweise ist bei den
politischen Akteuren derzeit wenig zu spüren. Der Sparhammer schlägt
unerbittlich zu. Nach einer Meldung des Tagesspiegels hat es jetzt auch
eine der ältesten und renommiertesten zivilgesellschaftlichen
Bildungseinrichtungen der Stadt, die Urania in Schöneberg, getroffen.
Ab dem 1. April muss die Urania mit 950.000 Euro weniger auskommen, die ihr
vom Senat zugesagt waren. „Berlin zerstört eine Institution, die es seit
1888 gibt“, entrüstete sich Urania-Direktorin Johanna Sprondel. „Wir machen
Volksbildung, das ist direkte Demokratieförderung“, wird sie von der
Zeitung zitiert. Bei Antritt des schwarz-roten Senats war die Zusage noch
eine andere: „Die Urania als Bürgerforum für Demokratie wird bei ihrem
Bauvorhaben und bei ihrer programmatischen Neuausrichtung begleitet und
unterstützt“, wurde im Koalitionsvertrag formuliert.
Am Donnerstag traf es auch den Botanischen Garten, der von der FU betrieben
wird. Das Abgeordnetenhaus kürzte die Mittel für die Sanierung des
beliebten Mittelmeerhauses. „Das Jugendstilgebäude ist eine echte
architektonische Rarität und beherbergt eine der wertvollsten
Pflanzensammlungen des Mittelmeerraumes“, heißt es in einer Erklärung.
„Es ist der Publikumsliebling und das Älteste der insgesamt 15 historischen
Gewächshäuser“. Für die Sanierung des Mittelmeerhauses waren 25 Millionen
aus Landesmitteln angesetzt, die Vorbereitungen und die Bauplanung laufen
seit 2020. Nun aber drohe die baldige Schließung.
20 Feb 2025
## LINKS
[1] https://www.tu.berlin/k3/gremien/akademischer-senat
[2] /Landeshaushalt-2026-und-2027/!6067089
[3] https://www.uvb-online.de/
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
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