| # taz.de -- Populismus und Social Media: Nüchterne Analyse statt lautem Geschr… | |
| > Mit ihrem Newsletter geben die Journalisten Martin Fehrensen und Simon | |
| > Hurtz seit über zehn Jahren Einblicke in die Funktionsweise sozialer | |
| > Medien. Sie bringen den Social-Media-Watchblog zum taz lab. | |
| Bild: Gründer und ein Teil des Social Media Watchblogs: Martin Fehrensen | |
| [1][tazlab] | Dass es keine gute Idee sein könnte, die Kontrolle der | |
| globalen Kommunikationsplattformen in die Hände einiger reicher | |
| Konzernchefs zu legen, wussten Martin Fehrensen und Simon Hurtz schon | |
| lange. Schließlich beschäftigen die beiden sich seit über einem Jahrzehnt | |
| ausführlich mit den sozialen Medien. Anfangs noch als Hobby, haben sie sich | |
| mit ihrem Projekt [2][„Social Media Watchblog“] mittlerweile erfolgreich | |
| selbstständig gemacht. Erst kürzlich verschickten sie die tausendste | |
| Ausgabe ihres zweimal wöchentlich erscheinenden Newsletters. | |
| Weder die Regression des einstmals beliebten Kurznachrichtendienstes | |
| Twitter zur Kloake libertärer bis extrem rechter Positionen [3][unter Elon | |
| Musk], noch die Anbiederung der restlichen Tech-Broligarchie des Silicon | |
| Valley an US-Präsident Trump kam für sie überraschend. Die meisten | |
| Social-Media-Plattformen funktionieren nach der einfachen Regel: Am | |
| meisten Aufmerksamkeit bekommt, wer am lautesten schreit. | |
| Würden die beiden sie befolgen, könnten sich Fehrensen und Hurtz nun | |
| hinstellen und mit vor Stolz geschwellter Brust verkünden, dass sie | |
| diejenigen seien, die es ja schon immer gewusst hätten. Und vor allem, dass | |
| sie es seit 2012 bereits zigfach ins Internet geschrieben haben. | |
| ## Immer die selben Fehler auf Social Media | |
| Doch genau das tun die beiden Journalisten nicht. Stattdessen liefern sie | |
| Woche für Woche fundierte Analysen zu den aktuellen Entwicklungen [4][rund | |
| ums Thema Social Media]. Immer getreu dem Versprechen, so Gründer Martin | |
| Fehrensen, dass wer ihr Briefing liest, „wirklich im Bilde ist, was da | |
| draußen gerade passiert und nicht selber noch die 150 Quellen und | |
| Plattformen im Blick haben muss“. | |
| Ob das immer Spaß macht? „Ich habe jetzt noch 30 Tabs in meinem Browser | |
| offen, das muss ich alles noch lesen und dann in den nächsten drei Stunden | |
| aufschreiben“, antwortet Simon Hurtz. Und meint damit: Nein. Gewisse | |
| Ermüdungserscheinungen sind beiden nicht fremd. Woran das liegt? | |
| Etwa daran, „dass wir manchmal das Gefühl haben, schon alles siebenmal | |
| gesagt zu haben und auch einfach einen alten Newsletter verlinken könnten | |
| und bei den Plattformen nur Facebook [5][durch Tiktok] ersetzen müssten“, | |
| sagt Hurtz. An anderen Tagen, bemerkt Fehrensen, mache sich schlichtweg | |
| eine gewisse Frustration breit. Dann fragt er sich, „warum die Leute | |
| eigentlich immer wieder die selben Fehler auf Social Media machen?“ | |
| Wer mit analytischer Schärfe die Wechselwirkungen zwischen | |
| [6][Social-Media-Debatten] und dem gesellschaftlichen Diskurs betrachtet, | |
| darf auch vor Kritik der eigenen Profession nicht haltmachen. Gerade im | |
| Umgang mit Rechtspopulisten mahnen die beiden zu einer Rückbesinnung auf | |
| grundlegende Erkenntnisse der Medienkompetenz. | |
| ## Plädoyer für mehr Medienkompetenz | |
| Ein erster Schritt könnte dabei sein das eigene Tun und Handeln auf den | |
| Plattformen zu hinterfragen. Rechte Akteure weltweit verstünden schließlich | |
| nur zu gut die Empörungslogik, nach der die sozialen Medien funktionieren, | |
| für sich zu nutzen. Da könnte es schon helfen, sich zu überlegen, ob man | |
| deren Inhalte wirklich teilen möchte und somit ihren Ideen noch mehr Raum | |
| gibt. | |
| Heutzutage bilden Reichweite, Klicks, Likes und Shares das Fundament für | |
| ganze Geschäftszweige. Sie können maßgeblich mit über den Aufstieg und Fall | |
| von Persönlichkeiten, Prominenten, Politikern und Parteien entscheiden, | |
| ohne dass die von den Plattformen erhobenen Daten tatsächlich von | |
| unabhängigen Dritten überprüft werden könnten. Fehrensen fasziniert es noch | |
| immer, „dass wir uns irgendwann mal darauf verständigt haben, all diesen | |
| Mechanismen so viel Glauben und Bedeutung beizumessen. Da ist so viel | |
| Oberflächlichkeit dabei.“ | |
| Schaue man sich [7][die Entwicklungen der großen Plattformen] rückblickend | |
| an, ließe sich feststellen, dass gewisse Prozesse stets nach einem | |
| ähnlichen Muster verliefen. Plattformen wachsen, indem sie zunächst die | |
| Interessen der Nutzer:innen bedienen, doch im Verlaufe der Zeit | |
| überlagern die Interessen der Werbekunden die ursprüngliche | |
| Nutzungsfunktion, bis „am Ende die Eigentümer nur noch das machen, was sie | |
| selbst wollen“. | |
| 19 Feb 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /!v=2f2702df-3697-433e-9d1d-48f733c77d1c/ | |
| [2] https://www.socialmediawatchblog.de/ | |
| [3] /Elon-Musks-politischer-Feldzug/!6058331 | |
| [4] /Bundestagswahl-2025/!6066699 | |
| [5] /Trump-bringt-Plattform-zurueck/!6063092 | |
| [6] /Wahlkampf-auf-Social-Media/!6065059 | |
| [7] /Zukunft-Sozialer-Medien/!6061808 | |
| ## AUTOREN | |
| Joel Schmidt | |
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