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# taz.de -- das wird: „Als ob der Schanze ihr Herz rausgerissen wird“
> Kristina Sassenscheidt vom Hamburger Denkmalverein kritisiert mangelnde
> Mitsprache in Hamburg
Interview Daniel Wiese
taz: Frau Sassenscheidt, es passieren Dinge in der Stadt, die man nicht gut
findet, aber es ist schon zu spät, alles längst beschlossen: Sie als
Denkmalschützerin kennen das, oder?
Kristina Sassenscheidt: Ich würde sogar sagen, das war das, was mich einst
zum Denkmalschutz gebracht hat – dass da Dinge in die falsche Richtung
laufen, und ich das Gefühl hatte, als Bürgerin nichts dagegen tun zu
können. Aus einer inzwischen fast 20-jährigen beruflichen Perspektive kann
ich sagen, in Hamburg gibt es insbesondere im Bereich des gebauten
Bestandes viel zu wenig Beteiligungskultur.
taz: Ist das woanders besser?
Sassenscheidt: Ja, deswegen haben wir zu unserer Diskussion am Donnerstag
auch den Berliner Landeskonservator Christoph Rauhut eingeladen. Im
Berliner Landesdenkmalamt gibt es eine Stelle für Beteiligung, und es gibt
einen Fördertopf, um den sich Vereine und Initiativen bewerben können, die
sich für historische Baukultur einsetzen. Das sind schon mal zwei Dinge,
die ich mir für Hamburg wünschen würde.
taz: Bei der [1][Sternbrücke in Altona] war es ja so, dass man gar nichts
mehr machen konnte. Das ist eine Eisenbahnbrücke über einer großen
Kreuzung, und früher war da Leben, da waren Clubs, das ist jetzt alles weg,
weil die Bahn die Brücke neu baut.
Sassenscheidt: Das Beispiel Sternbrücke ist natürlich ein absolutes
Negativbeispiel in Sachen nicht durchgeführter Beteiligung. Es geht ja
nicht nur darum, dass da eine denkmalgeschützte Brücke verschwindet und die
großartige Clubkultur darunter, sondern dass da auch alle umliegenden
Altbauten abgerissen werden oder schon abgerissen sind. Für viele im
Stadtteil und weit darüber hinaus fühlt es sich an, als ob der Schanze ihr
Herz herausgerissen wird. Entsprechend hätte man eine solche Entscheidung
nicht allein der Verkehrsbehörde und der Deutschen Bahn überlassen dürfen.
taz: Es gibt keine Pflicht zur Beteiligung, oder?
Sassenscheidt: Nein, aber das ist eine der Thesen, die wir verhandeln
wollen: ob es nicht grundsätzlich notwendig ist, eine Beteiligungspflicht
bei stadtpolitisch bedeutenden Projekten einzuführen. Aktuell gibt es wegen
fehlender Beteiligung regelmäßig öffentliche Diskussionen, aber auch
Frustration bei den Betroffenen – bei der Sternbrücke, beim Holsten-Areal
oder bei der Staatsoper, [2][deren Zukunft ja gerade hinter verschlossenen
Türen verhandelt wird].
taz: Es heißt doch, die Oper wird nicht abgerissen?
Sassenscheidt: Es hat noch niemand gesagt, wer sie für viel Geld sanieren
soll. Die Frage ist ja, wie das funktionieren soll, dass die Stadt einen
Neubau in der Hafencity mit umsetzt, wenn gleichzeitig der
denkmalgeschützte Altbau seine Nutzung verliert und immer noch einen hohen
Sanierungsstau hat: Soll der an ein privates Musicaltheater gehen? Und wer
bezahlt dann die Sanierung? Ich finde auch, dass die Hamburger Bevölkerung
durchaus ein Wörtchen bei der Frage mitzureden hat, ob es so eine neue Oper
braucht.
taz: Die Oper ist ja ein sehr schönes Gebäude der 50 Jahre-Moderne.
Sassenscheidt: Ganz viele Hamburgerinnen und Hamburger haben da auch
persönliche Erinnerungen, angefangen mit den Weihnachtsmärchen, in denen
man als Kind war. Wir sind ja alle mit diesem eleganten Nachkriegsbau groß
geworden.
taz: Und auch da ist keine Beteiligung in Sicht, oder?
Sassenscheidt: Nein. Wenn der Senat entschieden hat, geht das Thema in die
Bürgerschaft, aber von öffentlicher Beteiligung ist nicht die Rede.
taz: Bei der Sternbrücke war besonders bitter, dass es sogar
Alternativentwürfe gab, die viele gut fanden, die wurden dann geprüft und
verworfen. Die Deutsche Bahn meinte, die Öffentlichkeit kenne nicht alle
Fakten. Das verstärkt ja nochmal das Ohnmachtsgefühl.
Sassenscheidt: Dabei ist Beteiligung total wichtig – nicht nur für die
Akzeptanz in der breiten Bevölkerung, sondern auch, weil dabei in der Regel
bessere Lösungen rauskommen.
29 Jan 2025
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## AUTOREN
Daniel Wiese
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