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# taz.de -- Ein Achtungszeichen, aber auch nicht mehr
> Der Märchenlauf von Eva Lys geht schonungslos zu Ende. Das deutsche
> Frauentennis ist weit von der Weltspitze entfernt
Bild: Gegen Iga ohne Chance: Eva Lys im Achtelfinale von Melbourne
Von Jörg Allmeroth
Es war in der 41. Minute, als Eva Lys für einige wenige Momente wie eine
Australian-Open-Siegerin gegen die große Iga Swiatek aussah. Strahlend
reckte die Hamburgerin die Hände in die Höhe, heftig gefeiert von den knapp
10.000 Zuschauern auf dem Centre Court von Melbourne.
Es war aber nur eine ironische Geste der Frau, die sich beim ersten
Grand-Slam-Showdown der Saison 2025 als „Lucky Lys“ in den Schlagzeilen der
Weltpresse verewigt hatte: Lys jubelte in der Rod Laver-Arena nur über den
einzigen Punktgewinn in einem Einbahnstraßen-Match, das nach genau einer
Stunde mit der schonungslosen 0:6, 1:6-Niederlage gegen die polnische
Weltklassespielerin besiegelt war.
Die Märchenreise der „Lucky Loserin“, die in der dritten
Qualifikationsrunde ausgeschieden war und dann unverhofft als glückliche
Nachrückerin für mächtig Furore gesorgt hatte, war damit erwartungsgemäß
vorbei. „Wie vom Zug überrollt“, so fühlte sich Lys bei der Lehrstunde
gegen die ehrgeizige Polin, die nicht für Sentimentalitäten oder Geschenke
am Arbeitsplatz bekannt ist. Spaß habe sie trotzdem gehabt, so Lys, „aber
nicht vom Ergebnis her“.
Das klare Lys-Scheitern in der ersten Grand-Slam-Achtelfinalpartie ihrer
Karriere war auch eine harte Konfrontation mit den Realitäten: Denn die
Hamburgerin und auch die anderen deutschen Profispielerinnen sind in diesen
Tagen weit von der internationalen Spitze entfernt, so weit, wie es auch
die nackten Daten, Zahlen und Fakten hergeben: Lys (23), gerade nach den
insgesamt couragierten Auftritten Down Under zum ersten Mal unter die Top
100 aufgerückt, spielte als neue Nummer 91 der Hackordnung auf völlig
verlorenem Posten gegen die gleich alte Mehrfach-Majorgewinnerin Swiatek.
Acht Jahre nach dem Traumerfolg von Angelique Kerber am Yarra River hat der
DTB keine Akteurin, die nachhaltig Stars und Superstars der Branche das
Fürchten lehren könnte – was bleibt, sind blitzlichtartige Augenblicke der
Überraschungen. So wie bei der 36-jährigen Veteranin Laura Siegemund, die
in Melbourne zupackend Olympiasiegerin Qinwen Zheng ausschaltete, aber dann
noch in der ersten Turnierwoche ausschied.
Weit in ihren Dreißigern spielen Siegemund und auch die zweifache Mutter
Tatjana Maria (37) immer noch tragende Rollen – auch, weil nachfolgende
Generationen fast komplett an der Herausforderung im Wanderzirkus
scheiterten. Einst hoch gehandelte Kräfte wie Carina Witthöft oder Annika
Beck haben sich resigniert aus dem Profibetrieb verabschiedet, andere wie
Anna-Lena Friedsam oder Mona Barthel traten lange auf der Stelle, hatten
mit Verletzungspech zu kämpfen – und wurden schließlich nach hinten
durchgereicht.
Die beste deutsche Teenagerin, die 19-jährige Hamburgerin Ella Seidel, ist
gegenwärtig auf Platz 140 der Charts eingestuft. Tenniswunder aus
Deutschland sehen anders aus.
Vor dem neuen Cheftrainer Torben Beltz liegt die anspruchsvolle Aufgabe,
aus schwierigen deutschen Wettbewerbsbedingungen im Spitzentennis ein neues
„Fräuleinwunder“ zu zaubern – und im Idealfall eine Gruppendynamik zu
erschaffen, die seine frühere Chefin Angelique Kerber, die Bad Oldesloerin
Julia Görges, die Darmstädterin Andrea Petkovic und die Berlinerin Sabine
Lisicki einst in die Weltklasse führte. „Wir waren alle gut befreundet,
aber wir waren auch voll drin in unserer Rivalität. Schenkten uns sportlich
nichts“, sagt Petkovic, die auch zum Beraterstab von Beltz gehört, genau
wie Kerber.
Beltz kündigte bereits im Gespräch mit dieser Zeitung an, verstärkt auf
gemeinsame Lehrgangszeit und positiven Konkurrenzdruck bei seinen
Nachwuchskräften zu setzen.
Ansonsten bleibt dem Hünen aus dem hohen Norden die Rolle des
Berufsoptimisten, die ihm bei seinem sonnigen Naturell nicht schwer fällt:
„Einigen Spielerinnen fehlt nicht viel, um einen Durchbruch zu schaffen“,
sagt der 49-jährige Boss, „auch bei der Generation um Angie Kerber war eine
längere Anlaufzeit nötig, bis es dann richtig positiv krachte.“
21 Jan 2025
## AUTOREN
Jörg Allmeroth
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