Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die härteste Gegnerinwartet gar nicht auf dem Platz
> Im Sommer standen Hannovers Basketballerinnen kurz vor dem finanziellen
> und sportlichen Aus. Jetzt überwintern sie auf dem vierten Tabellenplatz,
> aber es bleibt schwierig. Denn Erstliga-Basketball ist ein Sport, der
> sich kaum refinanzieren lässt
Von Christian Otto
Wer einfach mal einen schwungvollen Samstagabend erleben und mitjubeln
möchte, ist hier immer noch genau richtig. Die Basketball-Frauen des TK
Hannover gehören weiterhin zu den besten deutschen Mannschaften. Ihre
Heimspiele im „Birkendome“, wie die Schulsporthalle in der
Otfried-Preußler-Grundschule genannt wird, sind Hingucker. Ist das wirklich
dieses Team, das vor ein paar Monaten aus finanziellen Gründen fast vor dem
Aus stand?
Die gute Nachricht zu dieser bösen Frage lautet: Hannovers
Basketballerinnen spielen in Deutschlands höchster Liga weiterhin eine gute
Rolle. Ein Sparkurs zwingt Verein und Team allerdings dazu, sich von
gehobenen Ansprüchen zu verabschieden. Denn Erstligabasketball ist in
Deutschland ein Sport, der sich kaum refinanzieren lässt.
Bei aller Begeisterung über den nächsten Heimsieg, trotz des Jubels über
das 68:59 gegen den Herner TC: Hajo Rosenbrock bewahrt sich einen klaren
Blick auf eine Sportart und Mannschaft, deren hohe Ziele aus seiner Sicht
übertrieben sind. „Es ist nicht marktfähig“, sagt der Vorstandsvorsitzende
des TK Hannover über das Ideal, das den Entscheidern der
Damen-Basketball-Bundesliga GmbH (DBBL) vorschwebt. Mehr Zuschauer in
größeren Hallen und mehr Geld für noch bessere Spielerinnen wären natürlich
eine tolle Sache. Die Wirklichkeit sieht anders aus.
Der Etat der „Luchse“, wie sich Hannovers Korbjägerinnen aus Gründen einer
besseren Vermarktung nennen, ist im vergangenen Sommer auf nur noch rund
300.000 Euro gesunken. Einer der langjährigen Geldgeber hat sein Engagement
deutlich reduziert. Die Sparkasse Hannover und der Energieversorger
Enercity halfen aus. „Es hätte sonst“, erklärt Rosenbrock, „keine Lizenz
für die 1. Liga gegeben“.
Die Mehrheit der Zuschauer, die am vergangenen Samstag zum letzten
Heimspiel des Jahres gekommen waren, hat vermutlich keine Idee, was sich
hinter der Fassade dieser Mannschaft abspielt. Um in der 1. Liga
wettbewerbsfähig zu sein, ist der TKH dazu verdammt, sich sogenannte
Importspielerinnen zu leisten. Profis aus aller Welt wie die Französin
India Farcy, die Australierin Kate Oliver oder die US-Amerikanerin Zipporah
Broughton stehen in Hannover unter Vertrag, damit der Verein mit der Elite
mithalten kann. Nach zwölf Spieltagen stehen die Luchse dank acht Siegen
auf dem vierten Tabellenplatz. Für eine Mannschaft, die neulich noch kurz
vor dem Aus stand und deshalb grundlegend neu sortiert werden musste, ist
das eine ziemlich gute Zwischenbilanz.
Das stark verjüngte Team der Luchse hört seit diesem Sommer außerdem auf
ein neues Kommando. Der Schwede Jesper Sundberg führt das multikulturelle
Team an. „Ich bin super happy mit der Vorstellung meines Teams“, sagte er
nach dem letzten Heimspiel des Jahres 2024. Und es war wirklich eine schöne
Geste, dass sein Team nach dem Erfolg gegen Herne den Weg bis zur
Zuschauertribüne im Obergeschoss der Halle fand, um dort den Zuschauern
frohe Weihnachten zu wünschen und mit ihnen abzuklatschen. Wenn Basketball
der Frauen im Wettstreit mit besser refinanzierbaren Sportarten wie
Fußball, Handball oder Eishockey einen großen Vorteil hat, dann ist es die
Nähe zu den Fans.
Im Birkendome in der Birkenstraße gibt es jedenfalls Erstklassiges zum
Anfassen und zum Erleben aus nächster Nähe. „Unsere Relevanz in Hannover
ist gestiegen“, findet TKH-Vorstandsvorsitzender Rosenbrock. Das mache ihn
stolz und sei gute Werbung für den Stammverein, der den bezahlten
Basketball-Spielbetrieb ausgegliedert hat. Denn die Spielerinnen der Luchse
sind immer noch Profis. Auch ohne Aussicht auf Reichtümer – sie müssen sich
ganz auf ihren Sport konzentrieren können, um in der 1. Liga mithalten zu
können.
Was der TK Hannover als größter Sportverein der Stadt und seine Luchse als
ausgegliedertes Tochterunternehmen vorhaben, ist eine behutsame
Weiterentwicklung mit bedächtigen Schritten. Geht es nach den
Vorstellungen der DBBL, dann sollen Mannschaften wie die Luchse möglichst
schnell reifen und wachsen. Die jüngsten Erfahrungen mit der Reduzierung
des Etats und dem Abschied von mehreren Leistungsträgerinnen zeigen aber:
Es bleibt ein Balanceakt, sich im deutschen Damenbasketball eine
salonfähige Erstligamannschaft leisten zu können.
Um das Gleichgewicht nicht zu verlieren, hat sich bei den Luchsen das Team
hinter dem Team auch neu aufgestellt. Mit Thorben Steguweit gibt es einen
neuen Geschäftsführer, der die Dinge grundlegend sortieren und
kontrollieren soll. Die frühere Spielerin Dorothea Richter-Horstmann
ergänzt seine Arbeit als Teammanagerin und Netzwerkerin im Kampf um neues
Personal. Gemeinsam ist es ihnen gelungen, den Schock des Sommers und den
Kampf um rettende Geldgeber zu verarbeiten.
23 Dec 2024
## AUTOREN
Christian Otto
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.