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# taz.de -- berliner szenen: Als wäre die Mauer wieder da
Am S-Bahnhof Wollankstraße endet Pankow, und der Wedding beginnt. Oder
umgekehrt. Früher verlief hier die innerstädtische Grenze, die S-Bahnbrücke
war zugemauert, ein Weiterkommen unmöglich. Quasi über Nacht haben wir
jetzt eine ähnliche Situation. Auch, wenn die Grenze nicht ganz so
undurchlässig ist wie vor 35 Jahren. Lesen Sie selbst.
Dass die baufällige Brücke über die Wollankstraße neu gebaut werden sollte,
war durchaus bekannt. Einige Wochen schon war die Straße nur einspurig
befahrbar. Aber Mitte November war plötzlich Schluss damit, Zäune
versperrten die Durchfahrt. „Der Bus fährt nur bis zur alten Videothek, von
da muss man zu Fuß hinten durch den kleinen Tunnel, und da steht dann ein
anderer Bus für die Weiterfahrt“, schnaubte mein Sohn wütend, als er abends
nach Hause kam. Infos über diese Änderungen hatte es im Vorfeld keine
gegeben. Auch Schilder, die auf die Sperrung hinweisen, sind rar. Dafür
bleiben jetzt regelmäßig Busse und Lkws in den kleinen Seitenstraßen
stecken, in denen es keine Wendemöglichkeiten gibt. Irre Staus und
Polizeieinsätze sind die Folge.
Nach Einbruch der Dunkelheit, wenn die Bauarbeiter weg sind, greifen die
Menschen zur Selbsthilfe. Ordentlich gekleidete Erwachsene schieben
gemeinsam Baustellenzäune zur Seite, um irgendwie auf die andere Seite zu
kommen. Sie helfen sich dabei, Fahrräder über die Absperrgitter zu heben,
und leuchten mit Taschenlampen. Aus Presseberichten wissen wir jetzt, dass
die Brückendurchfahrt noch bis Weihnachten gesperrt bleibt. Dann wird
„voraussichtlich bis Ende 2028“ gebaut. Hinweisschilder fehlen weiterhin.
Aber ein entnervter Anwohner hat jetzt einen Zettel im A4-Format
aufgehängt, auf dem steht: „Achtung, Sie verlassen jetzt den sowjetischen
Sektor“.
Gaby Coldewey
9 Dec 2024
## AUTOREN
Gaby Coldewey
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