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# taz.de -- berliner szenen: Wie schaffen die das alle?
Ich habe kein Smartphone. Für diese bewusste Entscheidung muss ich mich
mittlerweile häufig rechtfertigen. Noch halte ich stand. Wenn ich von
Kollegen höre, dass sie mittlerweile einen Safe mit Zeitschaltung für ihr
Handy haben, weiß ich, warum: Sie schließen das Gerät stundenweise ein, um
überhaupt konzentriert arbeiten zu können.
Social Media und Messenger nutze ich auch, per Desktop-Version. Also nur
dann, wenn ich vorm Rechner sitze. Bin ich aber zum Beispiel im Kino oder
auf einer Veranstaltung, dann schaue ich den Film oder höre den
Vortragenden zu. Langweilige Momente halte ich aus. Mittlerweile sehe ich
aber auch oft Menschen in meinem Alter, die Nachrichten checken, online
shoppen oder durch Social Media scrollen, während sie in der Philharmonie
ein Konzert hören oder bei einer Lesung sitzen. Mich irritiert das.
Trotzdem verbringe ich zu viel Zeit auf Instagram. Profitiere dabei aber
oft von Menschen, die ihre Follower fast täglich auf aktuelle spannende
Veranstaltungen hinweisen. Von denen sie hinterher Fotos posten. Wie
schaffen die das immer? Ich war stattdessen beim Yoga, in der Sauna oder
stand am Herd.
Diese Woche gab es nun einen Entzauberungsmoment. Abendvorlesung an einer
Berliner Universität. Neben mir saß eine junge Frau, die ich flüchtig
kenne, der ich aber auf Instagram folge. Ihr Smartphone hatte sie in der
Hand. Der Vortrag war lang, das Deutsch der Referentin nicht ganz leicht zu
verstehen, ein paar Bilder wurden auch gezeigt, kurz: Konzentration war
gefordert.
Neben mir wurden währenddessen Nachrichten getippt, nicht eine, sondern
quasi 45 Minuten durch. Später am Abend postete die junge Frau auf
Instagram dann Bilder von dem Vortrag. Von dem sie eigentlich nichts hat
mitbekommen können. Dabei sein ist alles.
Gaby Coldewey
28 Oct 2024
## AUTOREN
Gaby Coldewey
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