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# taz.de -- Ausgehen und rumstehen von Aleksandar Zivanovic: Vertauschte Plätz…
Das Wochenende begann zum Tag der deutschen Einheit am ehemaligen
Mercedes-Benz-Platz, wo heute die Uber Arena steht, die früher O2 World
hieß. Thomas und Lily sind sich sicher, dass diese Halle in ein paar Jahren
„Pennymarkt-Palace“ heißen wird. In der Mehrzweckhalle haben sich 11.856
Menschen das Euroleague-Basketball-Spiel Alba Berlin gegen Panathinaikos
Athen angeschaut, das die Berliner 77-87 verloren haben. Die Alba-Fans
waren trotz Niederlage gut gelaunt, weil sie mit nur zehn Punkten
Unterschied gegen den amtierenden Europa-Meister, dessen Kader aus
Topverdienern besteht, das Nachsehen haben.
Es ist lustig anzusehen, wie sich der türkische Trainerstar der Griechen,
Ergin Ataman, immer dann, wenn es mal bei seinem Team nicht so klappt, die
Haare rauft. Entsetzen malt sich auf sein Gesicht, als ihr Vorsprung in der
zweiten Hälfte sogar auf nur drei Punkte schrumpft. Mit den Armen
gestikuliert er frei übersetzt: wie oft soll ich euch überbezahlten
Scheißerchen das noch sagen: Du sollst hierhin laufen, du da hin. So schwer
kann das doch nicht sein, eh?
Noch lustiger ist der dickbäuchige Anführer der griechischen Fans, der mit
dem Rücken zum Spiel seine größtenteils obenrum freien Ultras anbrüllt,
herumdirigiert und von links nach rechts hoppeln lässt – nur um sie
irgendwann mit einer Handbewegung aufspringen zu lassen. Es ist kein
Sirtaki, aber trotzdem ein Hingucker.
Und dann ist da noch ein Zuschauer aus der ersten Reihe: Zu Beginn des
Spiels wird er von einer immerzu lächelnden und geduldigen Platzordnerin
und dem eigentlichen Karteninhaber aufgefordert, aufzustehen und zu seinem
Platz zu gehen, laut Karte irgendwo in der zweiten Reihe. Klar, war ein
Versehen, er steht auf, kaum ist die Platzordnerin weg, sitzt er wieder auf
dem nächsten freien Platz in der ersten Reihe. Ein paar Minuten später
kommt die Platzordnerin mit einem anderen Karteninhaber. Alles klar,
signalisiert das Schlitzohr schon von Weitem, er habe schon verstanden,
steht auf, aber kaum ist die Platzordnerin weg, sitzt er schon wieder
irgendwo, wo er nicht hingehört. Irgendwann sah ich, wie er schließlich
unter freundlichen Ermahnungen direkt zu seinem eigentlichen Platz
begleitet wurde.
## Gitarre mit viel Gefühl
Freitagabend. Galiläakirche in Friedrichshain. Konzert von Kristoph Hahn,
[1][er ist heute Gitarrist der New Yorker Kultband Swans, war früher Teil
des Westberliner Undergrounds]. Auch als Übersetzer hat er sich einen Namen
gemacht und Reporterlegende Gay Talese ins Deutsche übersetzt. Allein sitzt
Hahn im grellen Scheinwerferstrahl, die Gitarre liegt horizontal vor ihm,
es handelt sich um eine Lap-Steel-Gitarre, die sitzend gespielt wird. Er
lässt Töne herauf- oder heruntergleiten, singt dazu mit viel Gefühl. Die
Lieder handeln von Dunkelheit, Einsamkeit, von Liebe und Verlust. Die
Klänge schweben in der rot und blau beleuchteten Kirche umher. Im Gegensatz
zu den Swans, bei der ein Markenzeichen die bis zur Unbehaglichkeit
getriebene Lautstärke ist, ist die Musik, die er hier spielt, fast schon
sanft und zerbrechlich. Vor mir hält sich ein Pärchen im Arm, sie sind
gerührt. Es ist ein tolles Konzert.
Auf der anderen Seite der Spree feierte der Festsaal Kreuzberg sein
20-jähriges Bestehen. Viele junge und auch Ü-50er sind gekommen, sie
tanzen, hören den Bands zu, u. a. [2][Brezel Göring & Psychoanalyse] und
Fuffifufzich oder erinnern sich an alte Zeiten, die besten Konzerte und
Veranstaltungen, die sie im alten und auch im neuen Festsaal gesehen
hatten. Les Savy Fav, Fraktus, [3][Chain and the Gang], Lesungen für Deniz
Yücel, Low, Friends of Gas. Einer wünschte sich für die nächste Feier eine
Liste aller Bands, die jemals im Festsaal aufgetreten sind. Happy birthday,
Festsaal!
8 Oct 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Aleksandar Zivanovic
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