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# taz.de -- Spannungen zwischen Serbien und Kosovo
> Die EU hofft, dass beide Seiten ihre Beziehungen normalisieren. Doch
> davon ist man weit entfernt
Aus Sarajevo Erich Rathfelder
Wenn es einen Politiker auf dem Balkan gibt, der von fast allen Seiten
gehasst, aber auch von seinem Volk respektiert wird, dann ist dies der
kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti. In den Augen des serbischen
Präsidenten Alexandar Vučić ist er aber der Feind Serbiens schlechthin, der
die ehemals serbische Provinz Kosovo beherrscht.
Und für den russischen Präsidenten Wladimir Putin ist Kurti vermutlich nur
ein Spielball, den man unter dem Beifall Serbiens und anderer Verbündeter
auf dem Balkan bei Gelegenheit fallen lässt. Aber es bleibt der Eindruck –
auch für viele europäische Politiker sind Kurti, seine Präsidentin Vjosa
Osmani und die Mehrheit der Einwohner ein rotes Tuch, weil sie sich
weigern, sich der europäischen Außenpolitik widerspruchslos zu beugen.
Erst in der letzten Woche wurde dies deutlich, als Kosovo zwei von vier
Grenzübergängen zu Serbien vorübergehend schließen musste, nachdem
serbische Demonstranten die Grenzübergänge blockierten. Die überwiegende
Mehrheit der zwei Millionen Bewohner des Kosovo sind ethnische Albaner.
120.000 Serben, die den Norden des Landes mit seiner direkten Grenze zu
Serbien dominieren, führen aber weitgehend ein Eigenleben und protestieren
ihrerseits gegen die Schließung von serbisch kontrollierten
Parallel-Behörden im mehrheitlich von Serben bewohnten nördlichen Teil des
Landes.
2008 hatte Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Mitrovica und
der Norden blieben trotz der Nato-Präsenz in den anderen Teilen Kosovos
weiter unter serbischem Einfluss mit eigenen Institutionen. Die Regierung
Kurti will dies jetzt korrigieren und Kosovo zu einem einheitlichen Staat
umformen. Auch gegen den Widerstand von Serben im Nordteil. Die serbischen
Parallelstrukturen sollen begrenzt werden.
Damit stellt sich Kosovo erneut gegen die jahrelange Strategie Brüssels und
Washingtons, Kosovo dazu zu zwingen, in ganz Kosovo serbische
Parallelstrukturen zu erlauben, die es möglich gemacht hätten, einen Staat
im Staate zu begründen. Mit eigenem Parlament und Exekutivorganen. Als
Kurti zudem kürzlich verfügte, dass die Brücke in der Grenzstadt Mitrovica,
die den serbisch dominierten Norden mit dem albanisch dominierten Stadtteil
verbindet, nach langen Jahren wieder geöffnet wird, protestieren auch
westliche Diplomaten. Die einstigen Verbündeten des Kosovo wollen trotz der
Nähe des serbischen Präsidenten Vučić zu Putin weiterhin versuchen, Serbien
ins europäische Lager zu ziehen.
Bundeskanzler Olaf Scholz besuchte Belgrad vor wenigen Wochen, um mit
Serbien die Ausbeutung von Lithium zu vereinbaren. Der französische
Präsident Emmanuel Macron kam nach Belgrad, um einen Waffendeal
abzuschließen. Serbien bekommt französische Kampfflugzeuge. Damit soll
offenbar die alte französische-serbische Achse wiederbelebt werden. Die
französischen Truppen waren es nämlich, die beim Einmarsch der Nato-Truppen
1999 in Mitrovica stoppten und so den Norden Kosovos weiter unter
serbischer Kontrolle beließen. Serbien rüstet jetzt erneut auf.
Die Politik der Annäherung Europas an Serbien löst natürlich große
Befürchtungen in den Nachbarländern aus. Zumal in Kosovo. Auch die USA
scheinen auf die EU-Politik einzuschwenken, befürchten etliche kosovarische
und bosnische Medien. Kosovo wirft dem Westen vor, Serbiens Führung völlig
falsch einzuschätzen. Serbien rüstet nun auf. Doch gegen wen eigentlich?
Dies fragen sich viele.
Kroatien kaufte vor wenigen Wochen US-amerikanische Raketensysteme und
dazugehörige Ausrüstung. Die Reaktion kam dann prompt und
unmissverständlich. Die Außenministerin Kosovos, Donika Gërvalla-Schwarz,
rief die Europäische Union und die USA dazu auf, den serbischen Präsidenten
Aleksandar Vučić umgehend in die Schranken zu weisen: „Er muss gestoppt
werden, bevor er in den Krieg zieht.“
11 Sep 2024
## AUTOREN
Erich Rathfelder
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