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# taz.de -- taz🐾thema: Publikum flügge geworden
> Unter 20.000 Euro Jahreseinkommen: Junge darstellende
> Freiberufler*innen müssen flexibel sein, verdienen aber nicht allzu
> gut. Die Gastspielbranche hat ohnehin noch mit Pandemiefolgen zu kämpfen
Theater, Zirkusse, Varietés, Kabarettisten, Tanztruppen – sie alle leben
überwiegend von Gastspielen. „Der Anteil unserer Gastspiele liegt je nach
Stück zwischen 10 und 25 Prozent“, sagt Martin Opelt, Geschäftsführer der
Delattre Dance Company. Das freie Tanz-Ensemble ist in den Mainzer
Kammerspielen zu Hause.
Durch die Pandemie hat sich laut Opelt einiges verändert: „Vor Corona lag
unsere Auslastung bei 97 Prozent, jetzt sind es noch 70 Prozent.“ Die
Preise hat man trotz steigender Kosten nicht angehoben, aus Angst vor
weiterem Publikumsverlust. „Wir haben dadurch alle weniger Geld in der
Tasche“, sagt Opelt und fügt hinzu: „Außerdem ist das Publikum jünger und
spontaner geworden, Karten werden zunehmend kurzfristig gekauft.“ An den
Inhalten und der Choreografie hat man deswegen aber nichts geändert – die
Zuschauer seien weiterhin für zeitkritische Stoffe offen.
Das bestätigt Hilde Hoferichter von der Agentur Lachland, die den
Kabarettisten Lars Reichow betreut. „Gute Unterhaltung und Zeitkritik
schließen sich nicht aus. Reichow ist in den vergangenen Jahren politischer
geworden, dafür gibt es nach wie vor ein Publikum“, sagt Hoferichter. Sie
muss einräumen, dass durch Corona die Besucherzahlen geringer und
Veranstalter vorsichtiger geworden seien. Bei der Bezahlung gibt es laut
Hoferichter unterschiedliche Modelle: Neben festen Gagen sind auch
anteilsmäßige Gagen abhängig von den Einnahmen sowie eine Mischung aus
beiden Modellen verbreitet.
Laut der Agentur für Arbeit gab es im vergangenen Jahr in Deutschland rund
5.800 hauptberufliche Schauspielerinnen und Schauspieler, davon waren 2.000
fest an öffentlichen Bühnen angestellt. Nach Berechnungen der
Künstlersozialkasse, die nur hauptberufliche Künstler versichert, liegt das
durchschnittliche Jahreseinkommen von darstellenden Freiberuflern unter 30
Jahren bei 18.698 Euro, im Alter zwischen 30 und 40 Jahren verdienen sie
nur etwa 500 Euro mehr im Jahr.
Die Landesbühne Rheinland-Pfalz zeigt ihre Stücke nicht nur an ihrem festen
Spielort im Schlosstheater Neuwied: „Die Hälfte unserer Auftritte sind
Gastspiele“, sagt Verwaltungsmitarbeiterin Ute Schulz. „Wir fahren bis nach
Cuxhaven und sind mit unseren Aufführungen bis zu einem Monat unterwegs.“
Das ist nach der Pandemie nicht einfacher geworden – das Publikum übe sich
weiter in Zurückhaltung. Die Landesbühne setzt nun verstärkt auf
Unterhaltungsstoffe und bekannte Gesichter.
Frank Serr aus Rieschweiler-Mühlbach in der Pfalz, der Musicals und Revuen
produziert, sagt, er mache kaum mehr tragische Geschichten. „Die Leute
wollen Spaß haben und den Alltag vergessen, in dem es angesichts der
Weltlage schon genug Probleme gibt.“ Auch er sieht negative Folgen der
Pandemie – unter anderem sei das ältere Publikum weggebrochen. „Wir wollen
verstärkt junge Leute ansprechen und zeigen zum Beispiel die Revue
‚Nashville‘ über große Stars der Country Music, die durch die Popularität
von Taylor Swift sehr angesagt ist“, betont Serr.
18 feste Mitarbeiter stellen unter anderem die Kostüme und Bühnenbilder
her. Pro Saison hat Serr drei größere Produktionen mit bis zu 30
Künstlerinnen und Künstlern sowie drei kleinere Produktionen mit einigen
wenigen Schauspielern im Angebot. In einem ehemaligen Hotel in
Rieschweiler-Mühlbach wird vier Wochen geprobt, danach sind die Stücke rund
drei Monate in Deutschland und angrenzenden Ländern von Stadthalle zu
Stadthalle unterwegs. Serr arbeitet viel mit jungen Leuten. Die seien nach
dem Studiums meist froh über ein Engagement auf Honorarbasis. Joachim
Göres
24 Aug 2024
## AUTOREN
Joachim Göres
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