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# taz.de -- Goretzkas Leiden
> Der langjährige Nationalspieler besitzt in München trotz Vertrages bis
> 2026 keine Perspektive mehr. Doch eigentlich will der 29-Jährige nicht
> wechseln
Bild: Vielleicht gibt es in der Formel 1 einen Platz für ihn: Leon Goretzka im…
Aus München Maik Rosner
Beim FC Bayern läuft mit dem neuen Trainer Vincent Kompany einiges anders
als unter seinem Vorgänger Thomas Tuchel. Davon konnte sich das Publikum am
Freitag überzeugen, als die Münchner beim Zweitliga-Aufsteiger SSV Ulm 1846
durch ein 4:0 souverän in die zweite Runde des DFB-Pokals einzogen. Doch
nicht allein die höhere Intensität im Spiel und das forcierte Pressing
fallen als Neuerungen auf, sondern auch die veränderte Kommunikation.
Geblieben ist eine Parallele: Wie schon 2023 wird Leon Goretzka auch in
diesem August ans Herz gelegt, sich einen neuen Verein zu suchen. Diesmal
aber nicht nur vom Trainer, sondern auch von Sportvorstand Max Eberl und
Sportdirektor Christoph Freund. „Es ist so, dass wir mit Spielern ganz
offen sprechen. Wir haben einfach einen sehr, sehr guten Kader. Wir haben
im Mittelfeld nochmal nachgelegt, Joshua Kimmich kommt ins Mittelfeld
zurück“, sagte Eberl zum Thema Goretzka, „die Spieler wissen, wenn ihre
Situation schwierig sein kann. Das haben wir klar kommuniziert.“
Kompany äußerte sich zwar allgemein, aber unmissverständlich. „Ich glaube,
dass wir als Verein immer sehr, sehr deutlich sein wollen mit den
Spielern“, sagte der 38 Jahre alte Belgier. Man führe diese Gespräche
intern, „das heißt, wir machen das in unserer Familie. Kann ich das so
sagen?“
Auch wenn Kompany, der seine Deutschkenntnisse aus seiner Zeit als
Innenverteidiger des Hamburger SV (2006–08) schnell wieder aufgefrischt
hat, diese Frage aus sprachlichen Gründen stellte, hatte sie auch eine
inhaltliche Berechtigung. Denn ein bisschen verstoßen dürfte sich der
langjährige Bayern-Profi Goretzka schon vorkommen. Nachdem er nicht für den
Kader für Ulm nominiert worden war, trainierte er für sich an der Säbener
Straße.
Auch am Wochenende wurde er dort gesichtet. Sein Leiden verstärken dürfte
die quälende Frage, warum eigentlich dort, wo er jahrelang zum Stamm
zählte, nun kein Platz mehr sein soll für ihn, erst in der
Nationalmannschaft und jetzt auch beim FC Bayern.
Am Dienstagvormittag, wenn die Münchner zu ihrem letzten Test gegen
Grasshopper Zürich antreten, wird Goretzka wohl erneut nicht im Kader
stehen. Zu groß ist die Konkurrenz mit Kimmich, Zugang João Palhinha,
Aleksandar Pavlović, Konrad Laimer und Raphaël Guerreiro. Der frühere
Bochumer und Schalker Goretzka, der 2018 ablösefrei von den Königsblauen
zum FC Bayern übergelaufen war, erlebt gerade die wohl härteste Zeit seiner
Profikarriere. Dabei liegt eine seiner besten Bundesligasaisons beim FC
Bayern hinter ihm, misst man an Toren (sechs) und Vorlagen (je nach
Zählweise sieben bis neun). Ohnehin will Goretzka eigentlich gar nicht
wechseln, sein Vertrag läuft noch zwei Jahre.
Zusetzen dürfte ihm die Situation auch deshalb, weil er sich stets
vorbildlich verhalten hat und sein Horizont weiter reicht als nur bis zum
nächsten Strafraum. Hinterfragt hat Goretzka das oberflächliche
Fußballbusiness schon immer. Womöglich tut er das derzeit besonders. Schon
nach seiner Nichtberücksichtigung von Bundestrainer Julian Nagelsmann für
die EM hatte sich Goretzka in die Stille Norwegens zurückgezogen und fast
schon demonstrativ Beiträge in den sozialen Netzwerken gepostet, in denen
es nicht um Fußball geht.
Die Kollegen fühlen mit ihm, der 57 Mal für die deutsche Nationalelf
auflief (14 Tore) und 221 Mal für den FC Bayern (40 Tore). „Er hat keine
einfache Situation gerade, aber er trainiert trotzdem wirklich exzellent“,
sagte Thomas Müller, der in Ulm mit zwei Toren und einer Vorlage
herausragte. Der 34-Jährige nutzte die professionelle Phrase, wonach es in
einem Kader „immer wieder Härtefälle“ gebe, man werde sehen, was passiert.
Aber Müller sagte auch: „Leon ist einer von uns. Er zeigt uns als
Mitspieler, wie wichtig wir ihm sind, und das ist gegenseitig genauso da.“
Auch Kimmich war von Tuchel im Sommer 2023 angezählt und später nach hinten
rechts versetzt worden. Unter Kompany ist er ins defensive Mittelfeld
zurückgekehrt, dorthin, wo er jahrelang ein Tandem mit Goretzka gebildet
hatte. Aus Spielersicht könne er nur sagen, „dass ich es sehr gerne mag,
mit Leon auf dem Platz zu stehen“, sagte Kimmich und betonte, „dass wir
sehr gute Freunde sind. Dementsprechend tut’s mir für ihn ein bisschen
leid.“
Doch in München hat Goretzka keine Perspektive mehr. Angeblich zeigen der
SSC Neapel und Atlético Madrid Interesse. Bis zum 30. August wird sich
entscheiden, wie es weitergeht.
19 Aug 2024
## AUTOREN
Maik Rosner
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