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# taz.de -- Bollywood unterm Kreuz
> Das Humboldt Forum bietet ab Freitag ein Sommerkino mit
> Publikumslieblingen aus Afrika, Asien und Südamerika
Von Silvia Hallensleben
Den Filmen des internationalen Festival-Circuits wird (nicht zu Unrecht)
oft nachgesagt, eher Geschmack und Vorurteile einer globalen
KuratorInnen-Clique als originär lokale Filmkost zu bieten. Doch auch da
gibt es Ausnahmen, wenn etwa dieses Jahr mit [1][Jang Jae-hyuns „Exhuma“]
(„Pa-myo“) im Programm des Forums der Berlinale ein populärer koreanischer
Horrorthriller großes Publikum der hiesigen Expat-Gemeinde generierte.
Wenn nun das Open-Air-Sommerkino der Stiftung Humboldtforum an drei
Wochenenden des August mit einer von Dorothee Wenner „mit Unterstützung der
Berliner Communities“ (so die Programmankündigung) programmierten Reihe von
Spielfilmen aus Argentinien, Brasilien, Indien, Nigeria und Vietnam in sein
zweites Jahr geht, sind diese ganz bewusst ausgewählte Publikumslieblinge
in ihrer Heimat.
So könnte auf Korea jetzt die Berliner Thai-Gemeinde folgen: „The
Undertaker“ (Der Bestatter, R.: Thiti Srinuan ) ist – wie „Exhuma“ – …
furioser Horror-Genre-Mix mit humoristischen Untertönen und einer Untoten,
die allerdings aus eher niederen Motiven eines Ex-Lovers wiedererweckt
wird: ehrenwerter Held an seiner Seite der Sohn eines buddhistischen
Bestatters, der als frischgebackener Jura-Absolvent aus Mangel an anderen
Bewerbern den Job seines im Rollstuhl sitzenden krebskranken Vaters
übernimmt.
Bei dem im vietnamesischen Mekongdelta angesiedelten Mehrfamiliendrama
„Glorious Ashes“ des vielfach ausgezeichneten Regisseurs Bui Thac Chuyen
wiederum geht es in spektakulärem landschaftlichen Setting um Tradition,
Eifersucht, multiple Gewalt, Revolte und weibliche Befreiung.
Im doppelten Sinn frauenbewegt (und wie „The Undertaker“ um ein
Gesundheitsproblem zentriert) gibt sich die energische Kriminalkomödie „A
Tribe Called Judah“ aus Nigeria (R.: Funke Akindele und Adeoluwa Owu), die
letzten Dezember nach wenigen Wochen Laufzeit mit über einer Million Dollar
die Obergrenze des nigerianischen Box Office knackte: Heldin „Ma J.“ fährt
Rikscha und hat fünf Söhne von Männern unterschiedlicher Ethnien, die sich
erst dann zu gemeinsamem – kriminellen – Tun zusammenraufen, als eine durch
den exzessiven Alkoholkonsum der Mutter indizierte medizinische Notlage
größere Geldsummen fordert. Funke Akindele hat als Hauptdarstellerin,
Regisseurin und Produzentin in einer Person fast 17 Millionen Follower auf
Instagram.
Um Geld und Familie geht es auch in „A festa de Léo“ (R.: Luciana Bezerra,
Gustavo Melo) aus Brasilien, wo ein Papa das Geld für die Geburtstagsparty
des Sohns entwendet und von Schuldeneintreibern erpresst wird. Während der
Favela-Film die oft gefilmte malerisch über Rio gelegene Siedlung gekonnt
als gefährdeten familiären Lebensraum inszeniert, geraten in der Komödie
„Puan“ (Regie: Maria Alché und Benjamin Naishtat) im akademischen Milieu
von Argentiniens Hauptstadt angesiedelte Akteure an den Rand des Prekären:
im Zentrum zwei samt dem umgebenden geisteswissenschaftlichen Milieu fast
grotesk gezeichnete Philosophieprofessoren, die um die Nachfolge des beim
Joggen verstorbenen Dekans kämpfen – bis die soziale Realität in Form von
Budget- und Institutionsstreichungen auch über sie hereinbricht: Eine auf
Javier Milei zielende, doch weit über ihr Herkunftsland hinaus gültige
Sozialsatire.
Eröffnet wird die Reihe mit einem Film, der anders gelagert ist als die
bisher genannten „Erfolgsfilme“. Denn die von ihren Fans heiß erwartete
zweite Folge von Amar Kaushiks Mysterythriller „Stree“ mit Superstar
Rajkummar Rao war bisher nirgendwo zu sehen und wird in Berlin am Samstag
parallel zum indischen Kinostart uraufgeführt. Der Rummel dürfte
dementsprechend sein – und dem berüchtigten Kreuz auf der Kuppel des
wiederaufgebauten Schlosses zumindest an diesem Abend Bollywood-Konter
bieten.
16. bis 31. 8., Schlüterhof im Humboldt Forum
12 Aug 2024
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## AUTOREN
Silvia Hallensleben
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