# taz.de -- das wird: „Auch heute ist Umbruch ein Thema“ | |
> Nicht nur die Goldenen 20er erklingen in Freden | |
Interview Mika Backhaus | |
taz: Utz Köster, dieses Jahr stehen die [1][Fredener] Musiktage unter dem | |
Motto „Zwanzigerjahre“: Wie sind Sie auf das Motto gekommen? | |
Utz Köster: Tatsächlich ist uns das eingefallen, weil wir immer schon | |
spannend fanden, ein Programm mit Schwerpunkt 20er-Jahre zu machen. | |
Natürlich denkt man da zunächst an die 1920er, aber wir haben festgestellt, | |
dass die 1820er-Jahre genauso spannend sind im Übergang von Klassik zu | |
Romantik. Gerade in der Musik ist da unheimlich viel passiert. | |
taz: Wo finden sich diese musikalischen Umbrüche im Programm wieder? | |
Köster: Wir hatten jetzt gerade [2][das Schubert-Oktett] im Programm. Das | |
ist ein ganz wichtiger Schritt in die Romantik und weg von der Klassik. Und | |
dann kamen wir beim Nachdenken darauf, dass auch die 1720er sehr | |
interessant sind: Bach hatte da eine seiner kreativsten Phasen. In dieser | |
Zeit sind seine Passionen entstanden und Händel schrieb viele seiner Opern. | |
Auch in den 1620ern gab es eine Umbruchphase: Dieser Zeit verdanken wir die | |
moderne Form der Geige. Und auch heute ist Umbruch ein Thema. Zeitenwende | |
ist ja ein geflügeltes Wort im Moment. | |
taz: Was macht für Sie den Geist der 20er-Jahre aus? | |
Köster: Wenn ich jetzt von Homo Bullah, also der Mensch ist eine | |
Seifenblase, ausgehe, dem Programm am Donnerstag, dann haben wir auf jeden | |
Fall das Vanitas-Motiv, das in den 1620ern im Vordergrund stand. Das wird | |
auch von den Texten her anklingen, die am Donnerstag gelesen werden. In den | |
1720ern war die Aufklärung ein wichtiges Stichwort, gerade auch, wenn man | |
das ein bisschen weiter fasst als nur musikalisch und über den Tellerrand | |
hinausguckt: Deshalb haben wir zum ersten Mal so ein | |
musikalisch-literarisches Projekt und das fanden wir total faszinierend. | |
Ich habe Heiko Deutschmann, Ulf Schneider und Jan Philipp Schulze vor zwei | |
Jahren in Trier erlebt und hinterher saßen wir zusammen, ich habe von dem | |
geplanten Programm erzählt, da machte der Heiko Deutschmann ganz große | |
Augen. | |
taz: Mir drängt sich noch eine Frage auf. Im Programm finden sich fast | |
[3][ausschließlich Namen von Männern]. Müssten nicht auch Komponistinnen | |
wie [4][Nadia Boulanger], Ethel Smyth oder [5][Florence Price] vorkommen, | |
wenn es um die Zwanzigerjahre geht? | |
Köster: Das Programm wurde noch mal revidiert. Gerade bei Homo Bullah wird | |
es auch eine Frau geben, die geschrieben hat, das ist [6][Fanny Hensel], | |
die Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy, die auch wunderbare Musik | |
geschrieben hat. Da wird also auf jeden Fall auch ein Frauenname dabei | |
sein. Ich habe die Auswahl, nicht getroffen, da haben die | |
Künstler*innen, die so ein Projekt entwerfen, freie Hand. Und wenn sich | |
das so ergeben hat, dränge ich nicht darauf, dass da noch unbedingt ein | |
Frauenname auf dem Programm stehen muss. | |
1 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] /!5869900&SuchRahmen=Print | |
[2] https://www.kammermusikfuehrer.de/werke/1611 | |
[3] https://furore-verlag.de/produkt/frau-musik-maennerherrschaft-zum-ausschlus… | |
[4] https://komponistinnen.org/artists/boulanger-nadia/ | |
[5] https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/florence-price-us-amerikanisc… | |
[6] https://www.vice.com/de/article/evgdnz/komponistinnen-waren-inakzeptabel-wi… | |
## AUTOREN | |
Mika Backhaus | |
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