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# taz.de -- Der Bullshit-Wort-Check, Folge 10: „Zumutungen“ und „menschen…
> Was taugen diese Begriffe für das Verständnis der Gegenwart? Luisa
> Neubauer und Arno Frank testen für taz FUTURZWEI Standards des
> politischen Sprechens.
Bild: Für einige schon eine menschenverarchtende Zumutung: die Wärmepumpe
[1][taz FUTURZWEI] | In der heutigen Folge unseres „Bullshit-Wort-Checks“:
Klimaaktivistin und Publizistin LUISA NEUBAUER schüttelt bei all den
vermeintlichen „Zumutungen“ nur noch den Kopf. ARNO FRANK, Publizist und
freier Journalist, stört sich am inflationären Gebrauch des Wortes
„menschenverachtend“.
„Zumutungen“ (Luisa Neubauer)
Ihr wollt was? Klimaschutz? NOCH mehr? NOCH schneller? Sag mal, hackt es?
Man kann den Leuten in Sachen Klima nicht NOCH MEHR zumuten, jetzt müsse
doch auch mal gut sein. So oder so ähnlich hören wir das seit Jahren, und
spätestens seit dem Heizungsgesetz ist Zumutungslosigkeit in Sachen
Klimapolitik für alle Beteiligten verpflichtet.
So, jetzt muss man sich wirklich fragen, von welchen Zumutungen da die Rede
sein soll? Von welchen unerträglichen, überzogenen, unstemmbaren
Klimamaßnahmen, die der Gesellschaft in den letzten Jahren auferlegt
wurden? Die Wärmepumpen-Pflicht, die nicht kam? Der CO2-Preis, der in
keinem Verhältnis zu regulären Benzin-Preisschwankungen steht? Das
Beinahe-Ende der Agrardieselsubvention? Ein Verbrenner-Aus, dass nach all
den Schlupflöchern, den Namen nicht mehr verdient? Die Fleischsteuer, die
... ach, die wird nicht mal mehr diskutiert.
Sorry to say, wer mit Zumutungen vor allem Klimaschutzmaßnahmen mit Wirkung
meint, den muss man hier enttäuschen. Mit dieser Art von Zumutungen hat die
Regierung nicht mal mehr wirklich angefangen. Das Schöne: Wirksamer und
gerechter Klimaschutz ist das beste Mittel gegen Zumutungen, mit denen
wirklich Schluss sein sollte: schlechte Luft, lebensbedrohlicher
Stadtverkehr, abgehängtes Landleben, verseuchtes Grundwasser, hitzekranke
Großeltern – und vor allem: post-faktische Klima-Pseudodebatten, in denen
man mit Schmerzen zuschauen muss, wie ein gekränkter Fossiler nach dem
anderen loszieht, um Zumutungen durch Klimaschutz allen Ernstes mit den
Zumutungen durch die Klimakrise gleichzusetzen.
„Menschenverachtend“ (Arno Frank)
Ohne Kenntnisse in Quantenmechanik ist manchen Begriffen nicht mehr
beizukommen. So erscheint beispielsweise die „Cancel Culture“ mal als
Tatsache, mal als Märchen – je nachdem, wen man fragt. Was auch für
„Wokeness“ gilt, also die Hellhörigkeit für rassistische, sexistische oder
soziale Diskriminierung. Wird sie von ihren Widersachern neckisch als
ideologisch verblendet und also „woke“ bezeichnet, löst sich diese
Hellhörigkeit unter Protest in Luft auf – und nennt ihre Gegner im
rhetorischen Gegenschlag „menschenverachtend“.
Beide Adjektive, „woke“ und „menschenverachtend“, sind als negativ gela…
Teilchen in spukhafter Fernwirkung miteinander verschränkt. Gerade
Hellhörige aber sollten nicht die Strategie der Schwerhörigen übernehmen,
jede unliebsame Einlassung mit dem universalistischen Dampfhammer zu
ahnden. Es genügt, einen Witz „dumm“ zu finden, eine Forderung „töricht…
oder ein Gesetz „unfair“. Ein inflationärer Gebrauch von
„menschenverachtend“ nimmt der Zuschreibung ihre Wucht. Sie sollte
systemischen Verhältnissen vorbehalten bleiben, die in fundamentaler
Opposition stehen zur Menschlichkeit schlechthin – die, und das ist gerade
der Witz mit der Menschenwürde, auch dem Menschenfeind nicht abzusprechen
ist.
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„[2][Weiterdenken]“ und [3][an dieser Stelle auf taz.de].
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8 Jul 2024
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## AUTOREN
Arno Frank
Luisa Neubauer
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