# taz.de -- berliner szenen: Halbzeit gegen die AfD | |
Am Samstagabend ging ich in einen Biergarten in Schöneberg, um Fußball zu | |
schauen. Auf diese Idee kamen auch sehr viele andere Leute, die teils in | |
weißen und pinkfarbenen Trikots der deutschen Nationalmannschaft steckten. | |
Manche von ihnen hatten sich Schwarz-Rot-Gold auf die Wangen gemalt. Ich | |
muss zugeben: Bei der WM 2006 lief ich als Teenagerin mitunter auch so rum. | |
Aber da war ich noch sehr jung und die AfD war noch lange nicht gegründet. | |
Mir war zwar schon damals so etwas wie Nationalstolz zuwider, aber da es | |
damals die AfD noch nicht gab, nahm ich die Sache mit der deutschen Flagge | |
nicht so wichtig. Ganz Schland war ja gefühlt in Schwarz-Rot-Gold gehüllt. | |
Aber jetzt, 18 Jahre später, würde ich nicht mehr die deutsche Flagge auf | |
der Wange tragen. Ich fühlte mich also nur bedingt wohl unter den | |
schlandigen Fans, die aber immerhin nicht für die Nationalhymne aufstanden, | |
geschweige denn mitsangen. Mir ging es um guten Fußball. Als das Spiel | |
losging, fieberte ich als BVB-Fan aber für Deutschland – und nicht aus | |
purem Protest für Dänemark. Zumal die meisten anderen Länder ihren | |
Nationalstolz noch stärker nach außen kehren. Nach etwa dreißig Minuten | |
fing es in Dortmund an zu regnen, das Spiel musste unterbrochen werden. Ein | |
Typ hinter mir öffnete seinen Regenschirm für noch mehr Live-Feeling, | |
dieser Humor konnte mich schon mal besänftigen. Als dann in der Halbzeit | |
die Nachrichten vom AfD-Parteitag in Essen liefen, fingen auch die Leute in | |
Schland-Trikots an, die AfD auszubuhen. Als der wiedergewählte Parteichef | |
Tino Chrupalla ins Mikrofon sprach, begann der Biergarten im Chor zu | |
singen: „Ganz Berlin hasst die AfD, ganz Berlin hasst die AfD!“ Hier, in | |
diesem kleinen Berliner Kosmos, war also die Welt noch in Ordnung. | |
Eva Müller-Foell | |
4 Jul 2024 | |
## AUTOREN | |
Eva Müller-Foell | |
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