# taz.de -- Bevor die Macht mit ihm war | |
> Vom Autofreak zum Teamworker: Renaud Roche und Laurent Hopman schreiben | |
> eine witzige Comic-Biografie von George Lucas | |
Von Ralph Trommer | |
Neue Technologien haben es ihm schon früh angetan: Als Junge wollte George | |
Lucas den Rasen nicht mit einem klapprigen alten Gerät mähen. Da | |
schlachtete er lieber sein Sparschwein, um einen neuen Rasenmäher zu | |
kaufen. Er zog sich am liebsten in eine Fantasiewelt zurück. „Flash Gordon“ | |
war seine Lieblingsserie, und Science-Fiction-Comics um „Tommy Tomorrow“ | |
beflügelten seine Vorstellungskraft. | |
Den Filmemacher und Produzenten George Lucas kennt heute jedes Kind, | |
schließlich ist er der Schöpfer [1][der „Star Wars“-Saga, die heute 9 Tei… | |
und mehrere Spin-offs umfasst]. Am 14. Mai wurde er 80 Jahre alt, die | |
Filmfestspiele in Cannes zeichneten ihn gerade mit der Goldenen Ehrenpalme | |
aus. Die französische Graphic Novel „George Lucas – Der lange Weg zu Star | |
Wars“ erzählt nun das Leben des jungen Lucas bis zur Entstehung des ersten | |
„Star Wars“-Films. | |
Szenarist Laurent Hopman stützt sich dabei auf zahlreiche Interviews mit | |
und Biografien über George Lucas sowie Aussagen von Weggefährten wie | |
Francis Ford Coppola oder Lucas’Ehefrau, die Cutterin Marcia Lucas. | |
Entstanden ist eine flott erzählte Comicbiografie, die der Originaltitel | |
des Buches „Les guerres de Lucas“ („Die Kriege des Lucas“) besser triff… | |
Denn der aufstrebende Filmregisseur musste für sein von vielen als | |
größenwahnsinnig angesehenes Projekt kämpfen und zahlreiche Rückschläge | |
einstecken. | |
Im Zentrum der ersten Hälfte des Buches steht der junge George Lucas, | |
dargestellt als verträumter, eigenwilliger Jugendlicher, der sich gerne in | |
eskapistischen Welten verliert. Als Halbstarker ist er ein Auto-Freak mit | |
cooler Greaser-Haartolle. Berufsziel: Rennfahrer! | |
Erst ein schwerer Autounfall führt – seine Eltern atmen auf – zu einem | |
Umdenken: Nun will er „nur noch“ Film studieren. Ein paar Jahre später hat | |
er es in den engsten Kreis der New-Hollywood-Generation geschafft. Steven | |
Spielberg, Francis Ford Coppola und Martin Scorsese gehören zu seinen | |
Freunden. Mit „THX 1138“ (1971), einem intellektuellen | |
Science-Fiction-Film, fasziniert er seine Kollegen und kann mit „American | |
Graffiti“ 1973 einen ersten Leinwanderfolg verbuchen. Die autofiktionale | |
Geschichte einer Kleinstadt-Freundesgruppe vor dem Hintergrund des | |
Vietnamkrieges ermöglicht Lucas, sein Traumprojekt, eine Neuverfilmung von | |
„Flash Gordon“, anzugehen. Die Studios winken ab, und Lucas entwickelt | |
seine eigene „Science-Fiction-Oper“: „Star Wars“! | |
Ungezählte Drehbuchversionen lassen das Projekt (zunächst „Krieg der | |
Sterne“, fertiggestellt 1977, der heute unter „Episode IV – Eine neue | |
Hoffnung“ firmiert) immer konkreter werden. Schließlich zeigt sich 20th | |
Century Fox interessiert, zögert die Finanzierung wegen großer Zweifel an | |
dem Jungregisseur jedoch immer wieder hinaus. Lucas dreht Außenszenen in | |
der tunesischen Wüste und mietet ein Studio in London für die Innendrehs. | |
Unvorhergesehene Probleme tauchen auf: Etwa, wenn die englischen Techniker | |
früh Feierabend machen wollen und auf ihren Teepausen bestehen. Das sorgte | |
für Verzweiflung bei Lucas und für Schmunzeln beim Leser. | |
Der britische Charaktermime Alec Guinness sollte den Film mit seiner | |
Verpflichtung als Obi-Wan Kenobi adeln, doch wäre er beinahe wieder | |
ausgestiegen, als Lucas seinen Part überraschend früh sterben ließ. Neben | |
solch amüsanten Anekdoten sind erhellende Details darüber zu erfahren, was | |
die Innovationskraft des Films ausmachte: Die bahnbrechenden Spezialeffekte | |
hat man in einer neu gegründeten, zunächst chaotisch organisierten Firma – | |
Industrial Light and Magic – selbst hergestellt, weil sie anderswo viel zu | |
teuer und wahrscheinlich auch zu schlecht ausgefallen wären. Der immense | |
finanzielle Gewinn, den Lucas schließlich mit seinem | |
Überraschungs-Blockbuster einfahren konnte, teilte er großzügig mit seinen | |
wichtigsten Mitarbeitern, darunter seinen Hauptdarstellern. Lucas selbst | |
hatte stets an seine Vision geglaubt und war gewitzt genug, auch die | |
Merchandising-Rechte von Spielfiguren und Raumschiffen gegenüber der Fox | |
ausgehandelt zu haben. | |
Zeichner Renaud Roche eignet sich Hopmans Handlungsgerüst leichtfüßig an | |
und vermittelt mit pointierten Akzenten das Wesentliche. Durch Genauigkeit | |
in mimischen und gestischen Details fängt er auch innere Zustände seiner | |
Figuren ein. Der nerdige Eigenbrötler Lucas wird zum Teamworker, der mit | |
zahlreichen Künstlern gemeinsam den Grundstein einer Saga erschaffen kann, | |
die bis heute fasziniert. | |
Die grau unterlegten Schwarz-Weiß-Zeichnungen werden immer wieder mit | |
kleinen Farbtupfern ergänzt, die augenzwinkernd Details hervorheben (etwa | |
C3POs goldene Rüstung) oder Gemütszustände (ein rotes Gesicht für einen | |
cholerischen Studioboss) unterstreichen. Roches Humor zeigt sich in | |
treffenden Gesichtsausdrücken – Lucas sieht oft aus wie ein motziges Kind, | |
wenn er nicht das bekommt, was ihm vorschwebt – und in den gekonnten | |
Zuspitzungen, mit denen er seine Szenen arrangiert. | |
Die sehr unterhaltsame Mischung aus Charakterporträt und Making-of-Story | |
gibt nicht zuletzt einen lehrreichen Einblick in die komplexe, aufreibende | |
Produktion eines Films, bei der die meisten Beteiligten wohl unterm Strich | |
sehr viel Spaß gehabt haben. | |
Renaud Roche, Laurent Hopman: „George Lucas – Der lange Weg zu Star Wars“. | |
Aus dem Französischen von Christoph Haas. Splitter Verlag, Bielefeld 2024, | |
208 Seiten, 29,80 Euro | |
26 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Ralph Trommer | |
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