# taz.de -- Unten im Fußball | |
> Nach der Bundesliga lauern die Abgründe im unterklassigen Ligen-Geschäft | |
Von Martin Krauss | |
Es gibt im Fußball das Phänomen des ewigen, des typischen Zweitligisten. | |
Ein Klub, den man nie – oder bestenfalls mal eine Zufallssaison lang – in | |
der ersten Bundesliga sieht, und dessen Name doch zugleich immer mal wieder | |
in der „Sportschau“ oder bei Pokalauslosungen auftaucht. Über Jahrzehnte | |
war Fortuna Köln so ein typischer Zweitligist, auch Hessen Kassel und der | |
SV Meppen hatten diesen Ruf. „Ich spiele doch nicht in Meppen“, erklärte | |
ein empörter Toni Schumacher dereinst, als der damalige Klub des Torwarts | |
in die 2. Fußball-Bundesliga abzusteigen drohte. | |
Mittlerweile sind SV Meppen, Hessen Kassel und Fortuna Köln Viertligisten, | |
Klubs der Regionalliga Nord, Südwest oder West. Hier findet das Gekicke nur | |
noch regionale Beachtung. Eins höher ist die bundesweite 3. Liga, von der | |
manche sagen, sie fände gar keine Beachtung. | |
3. und 4. Liga, das sind einerseits Auffangbecken für Klubs, die zur | |
Fußballgeschichte gehören. In den Regionalligen spielen derzeit bekannte | |
Klubnamen wie Alemannia Aachen, Stuttgarter Kickers, Energie Cottbus oder | |
der noch aus einer anderen, früheren Spitzenliga bekannte BFC Dynamo | |
Berlin. | |
Wenn in der 3. oder 4. Liga etablierte Bundesliganamen mit dem Zusatz „II“ | |
auflaufen, nämlich die zweite Mannschaft des eigentlichen Spitzenklubs, | |
wird allen Fans klar, wie tief man gefallen ist. Oder, wenn Teams dabei | |
sind, für die Großstädter nur die Bezeichnung „Dorfklub“ einfällt: TSV | |
Steinbach Haiger, DJK Vilzing, TSV Aubstadt, FC Wegberg-Beeck. Dass ein | |
Toni Schumacher dort hätte antreten wollen, mag man nicht so recht glauben. | |
## Keine typischen Viertligisten | |
Regionalliga in Deutschland, das ist eine Spielklasse, in der niemand als | |
„typischer Viertligist“ gelten möchte. Hier will jeder raus. Einerseits | |
sind diese Vereine nämlich professionell organisiert, zahlen | |
sozialversicherungspflichtige Gehälter und Steuern und bekommen vom | |
Deutschen Fußball-Bund teure Auflagen aufgedrückt. Andererseits erhalten | |
Klubs dieser 4. Liga keine Fernsehgelder. Die Einnahmen aus dieser | |
lukrativen Quelle gehen nur an die drei bundesweiten Spielklassen. Gelder | |
aus dem Ticketverkauf sind mau: Die Zahl der Zuschauer ist oft dreistellig, | |
lediglich ein Traditionsklub wie Alemannia Aachen kann mit meist über | |
10.000 Zuschauern eine vorzeigbare Kulisse präsentieren. | |
Doch es müssen Spielergehälter gezahlt werden, von denen viele Spielerinnen | |
der ersten Frauenliga weit entfernt sind und die Aktive in den Topligen | |
anderer Sportarten utopisch erscheinen: 4.000 bis 5.000 Euro sind nicht | |
unüblich. Aber diese Gelder gehen nur an wenige Leistungsträger. „In der 3. | |
Liga und der Regionalliga wird vielfach nicht der gesetzliche Mindestlohn | |
gezahlt“, beklagt die Vereinigung der Vertragsfußballer (VdV), die sich als | |
Gewerkschaft der männlichen und weiblichen Profis versteht. | |
Das Dilemma eines typischen Viertligisten kann man schon an dieser Struktur | |
ablesen: Um aus dieser Niedrig-Einnahmen-Liga rauszukommen, muss investiert | |
werden. Ist das erste Ziel, die 3. Liga, aber erreicht, sprudeln immer noch | |
keine Einnahmen, sondern das Risiko bleibt. Immerhin, es gibt dort einen | |
kleinen, jüngst sogar angehobenen Anteil an den TV-Geldern. | |
Die Zeiten, als es noch ewige Zweitligisten gab, hatten auch ihren Reiz. | |
6 Apr 2024 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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