# taz.de -- Kein Müll, sondern Inspiration | |
> Frieda Angenehm macht Kunst aus Dingen, die für andere wie Abfall | |
> erscheinen. Upcycling ist auch das Prinzip der Mode, die sie aus | |
> gebrauchten Materialien designt | |
Von Cara Hofmann | |
„Ich habe selten einen Plan und ich werde auch nie ein Konzept erstellen, | |
das schränkt die Kreativität ein“, sagt Frieda Angenehm. Die Künstlerin | |
bemalt mit Ölfarben, Markern und Kugelschreibern Lampenschirme, übermalt | |
benutzte Leinwände oder ein Tuch aus Leinen. Außerdem designt und erstellt | |
sie Klamotten aus upcycelten Stoffen: Kleine Gurte wie von einem Rucksack, | |
Schaumstoffteile einer Verpackung oder lederähnliche Teile einer Handtasche | |
kann man bei genauerem Hinsehen in Friedas Korsetts, BHs und Kleidern | |
wiederentdecken. Im Fetisch-Club KitKat in Berlin-Mitte hat sie seit zwei | |
Jahren ihr Studio gemietet. Zum Design ihrer Kleidung passt das gut. | |
Anfang März feierte das Studio nun seine Neueröffnung als „Frieda im All“, | |
ein Hybrid aus Laden und Ausstellungsraum. Im dunkel gestalteten | |
Erdgeschoss sind auch Klamotten anderer lokaler Designer*innen zu | |
finden, eine enge Wendeltreppe führt nach oben zum Ausstellungsraum, wo | |
Friedas Gemälde verteilt sind. Die Räume fühlen sich tatsächlich ein | |
bisschen an wie aus einer anderen Galaxie. | |
Ursprünglich kommt Frieda Angenehm vom Bodensee und wurde an einer | |
Modefachschule in Sigmaringen mit einem Stipendium für Modedesign | |
angenommen – durch Probleme bei der Anerkennung ihres österreichischen | |
Schulabschlusses wurde dies jedoch unterbrochen. Frieda organisierte fortan | |
selbst ihre Modeschauen und hatte Erfolg damit. Als sie dann entschied nach | |
Berlin zu ziehen, lief es jedoch nicht wie geplant: Eine Zeit lang lebte | |
sie im Obdachlosencamp Rummelsburger See in Berlin-Lichtenberg, welches | |
wegen seiner schlechten Zustände Thema in den Medien wurde und 2021 geräumt | |
wurde. | |
Ihre Obdachlosigkeit beeinflusste Friedas Kunst: „Ich hatte keinen Strom, | |
kein Licht. Ich habe dann mit dem Licht und den Schatten der Feuertonne | |
gemalt, das Licht hat mir in der Bucht immer gezeigt, was ich für Motive zu | |
malen habe in diesem dunklen Moment meiner Zeit.“ Sie sagt, ihre Kunst sei | |
so unterschiedlich, weil sie in verschiedenen Etappen in ihrem Leben | |
entstanden sei: „Ich brauche keinen Stil, um das auszudrücken, was ich in | |
dem Moment fühle oder was mich beschäftigt.“ Für sie sei ihre Kunst eine | |
Art der Selbstdarstellung, sie wolle ihre Individualität sichtbar machen | |
und das Ganze mit Nachhaltigkeit verbinden. | |
Upcycling bedeute Kleidung, Möbel oder Geräte nicht nur zu recyceln, | |
sondern diese aufzuwerten, indem sie für andere Zwecke verwendet würden als | |
eigentlich vorgesehen – so beschreibt die Verbraucherzentrale den Prozess. | |
Dies würde zum Sparen von Ressourcen, weniger Abfall und einem | |
nachhaltigeren Konsumverhalten beitragen. Auch für Frieda ist der | |
Umweltschutz ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit. Sie will ein Zeichen setzen | |
gegen Verschwendung und Plastikmüllberge, für Wiederverwertung: „Es kann | |
doch nicht sein, dass wir Kontinente vermüllen mit Fast Fashion, die unsere | |
Umwelt zerstört.“ | |
Begonnen hat sie mit aussortierten Gardinen ihrer Mutter, es folgten | |
gebrauchte T-Shirts, Gürtel, Kunstleder, Pailletten und alte Jeans. Frieda | |
erklärt: „Ich versuche nicht nur in Textilien zu denken. Wenn ich an einem | |
Müllcontainer vorbeigehe und ich sehe Reste von diversen Gittern oder von | |
Schaumstoffummantelungen von Verpackungen, finde ich, da kann man auch | |
wieder was draus machen. Und wieso muss man immer alles wegschmeißen, wenn | |
man es doch re-usen kann?“ | |
Friedas Kunst ist facettenreich, genau wie sie. Ob Menschen, wilde | |
Farbkompositionen oder Symbole, keines ihrer Gemälde erinnert an ein | |
anderes, von ihren Klamotten ganz zu schweigen. Auch Veranstaltungsflächen | |
und Tattoostudios gestaltet sie mit gewohnter Offenheit: „Ich verarbeite, | |
was ich auf der Fläche und auf dem Weg finde und inszeniere es neu.“ | |
Frieda Angenehm: Solo Art Show, Frieda im All – Sustainable Clubwear | |
Galerie, bis 2. Mai | |
4 Apr 2024 | |
## AUTOREN | |
Cara Hofmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |