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# taz.de -- Der Bullshit-Wort-Check, Folge 3: „Boomer“
> Was taugt dieser Begriff für das Verständnis der Gegenwart? taz
> FUTURZWEI-Gastautorinnen testen Standards des politischen Sprechens.
> Heute: Paulina Unfried.
Bild: Ein Boomer kommt selten allein
[1][taz FUTURZWEI] | Das Besondere an den Boomern ist nicht das inhärent
Boomereske, sondern dass man daran nicht vorbeikommt. Die größte Kohorte
der Bundesrepublik hatte von Anfang an das Gefühl, zu kurz zu kommen. Mit
ausgebreiteten Ellenbogen stürmten sie den Arbeitsmarkt. Die Erzählung
ihres Lebens schien zu sein: Aus euch wird nichts. Doch dann lief der Laden
wie nie zuvor und die meisten sind dann doch gut mitgeschwommen. Egal,
worum es heute geht, sie sind schon da und besetzen die gesellschaftlichen
Schlüsselpositionen.
Trotz allem Brimborium haben sie das Unmögliche möglich gemacht: Sie stehen
für nichts so richtig. Es soll halt weitergehen. Jede ihrer Schnappatmungen
stammt noch aus einer Zeit, als der einzelne Boomer fürchtete, in seiner
Generation unterzugehen. Ihre Ellenbogen wurden deshalb nie eingefahren.
Mit ihren 60 Jahren erwägen manche nun, bei gesicherten Rentenansprüchen
aufs Ganze zu gehen, zur Supernova zu werden, grell zu verglühen, um das
Licht zu hinterlassen. Aber das wird nichts. Ihre wortreich-milde
Weltverdrossenheit dynamisiert leider niemanden außer sie selbst, wenn sie
dem Weiter-so nachtrauern. Aber das war jetzt eine unernste Deutung, die
den Generationenbegriff zu ernst nimmt.
Es ist höchste Zeit, den Boomerbegriff anders zu erzählen. Die Boomer sind
nicht nur eine Alterskohorte, sondern eine Funktion in der Gesellschaft.
Sie sind »die Älteren«. Heinz Bude würde sagen, sie sind jetzt dafür da, um
den Enkeln Geschichte(n) zu erzählen. Die GenZ ist dafür da, das Neue mit
ihnen auszutarieren. Oder an ihnen vorbei, aber bei dem Geltungsdrang der
Boomer sollte man sie aus strategischen Gründen besser einbinden.
Und jetzt kommt das Bittere für uns Jüngere. Die GenZ wird auch einmal zu
Boomern werden, der Boomerang kommt zurück. Das ist der natürliche Lauf der
Dinge. Aber das Verhältnis zwischen beiden Funktionen – Jüngere und Ältere
– war nie so unausgeglichen wie jetzt. Die Boomer haben Heimvorteil und
viel mehr Spieler auf dem Platz. Das muss klar sein, sobald wieder jemand
von ihnen »ungerechtֿ« seufzt. Keine Angst: Alle Boomerchen werden gebraucht
und sind geschätzt. Aber wir müssen laut sein, weil sie so viele sind.
PAULINA UNFRIED ist Ko-Organisatorin des Kongresses für Familienunternehmen
der Universität Witten/Herdecke.
Mehr Bullshit-Wort-Tests finden Sie in der neuen taz FUTURZWEI-Ausgabe
[2][„Weiterdenken“] und [3][an dieser Stelle auf taz.de].
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warum? Schreiben Sie uns: [4][[email protected]].
11 Mar 2024
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## AUTOREN
Paulina Unfried
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