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# taz.de -- Besuch auf der Golfmesse: Schöner Living
> Auf der Golfmesse in Düsseldorf werden Reisen, Immobilien und vieles mehr
> beworben. Der Sport selbst spielt eine erstaunlich nebensächliche Rolle.
Bild: Seltener Anblick: Ein Golfliebhaber mit Schläger auf der Messe Rheingolf…
Gleich der erste Stand könnte Golffremde ein wenig irritieren. Am Eingang
der alljährlichen [1][Golfmesse im Düsseldorfer Flughafen] wirbt ein
niederländisches 5-Sterne-Luxusresort „an der Kuste von Zeeland“ um Besuch
oder Villenkauf.
Irritieren nicht wegen der fehlenden Punkte auf dem u, die hätte man auch
im Nachhinein einigermaßen elegant mit zwei kleinen Golfballlogos ergänzen
können. Sondern weil alle Hinweise auf Golf fehlen. Dabei wäre ein Link auf
den (vom Autor schon mehrfach gespielten) sehr angenehmen und
gastfreundlichen Platz nebenan in Bruinisse naheliegend gewesen.
Aber um Golf geht es auf der Golfmesse vielfach nur am Rande. Bloß weg da
[2][von deinem Heimatplatz], scheinen die Aussteller einem zuzurufen. Der
ist doch langweilig auf Dauer! Du musst woanders golfen, da ist es doch
viel, viel schöner. Du musst wegfliegen wie die Jets da draußen vor den
weiten Panoramafenstern.
Gleich hinter dem Kustenresort geht es virtuell weiter nach Italien,
Iberien, Zypern, Marokko und noch weiter dank Veranstaltern wie Golfasien
oder gleich Golftravel.world. Manchmal tatsächlich auf eine Golfanlage,
aber auch zur „Kapitalanlage in Polen“. Von den gut 100 Ausstellern
beschäftigen sich mehr als die Hälfte mit Nix-wie-weg und
Immobilien-Shopping („Marbella For Sale“), dazu kommen fachfremde Anbieter
wie die Firma 224gin, die in ihrem Wacholderschnaps die „floral-fruchtigen
Bio-Botanicals“ betont.
## Tauchen nach Golfbällen
Anglizismen und Sprachmix sind rundherum beliebt, etwa im Segment „Schöner
Living“. Die Golfregion Allgäu preist den „Skilugschanzen-Shot“: Bei der
Vierplätze-Tournee klopft man die Kugel [3][in Oberstdorf] vom
Schanzentisch der Heini-Klopfer-Schanze in die weite Tiefe. Das Catering im
Airhafen DUS verantwortete die Brot’s Manufaktur – mit Kalbsfrikadellen,
„Kuchen von Omas Blech“ und mit „Handobst“.
Und da ist „der Lakeballtaucher“, wie er sich nennt. Der lebt von den
Missgeschicken der GolferInnen, deren Bälle in den Platzteichen versunken
sind. Ralf Oestmann aus Verden holt die Spielzeuge zurück. Bundesweit
taucht er ab, schafft manchmal „5.000 Stück am Tag, manchmal auch aus einem
Teich“. Vertragsgemäß bekommt er seinen Stückpreis, dann wird gereinigt und
sortiert, und die Besten gehen für 1-2 Euro über die Proshop-Ladentisch,
das ist der halbe Preis fabrikneuer Bälle. Sicherlich mehr als eine
Millionen Stück, so Oestmann, habe er im Laufe seines Taucherlebens
wiederbelebt.
Damit zu den beiden „Indoor Driving Bays“. Diese Schlagküsten sind
netzebewachte Abschlagzonen, aufgebaut von großen Ausrüsterfirmen. Jeder
Schuss wird digital analysiert mit gut zwei Dutzend Daten: Treffwinkel,
Speed, gewollte und ungewollte Kurven, Weite natürlich. Expertenexpertise
gibt es dazu: „Genau so die Drehung, und schon ist da weniger Slice, sehen
Sie?“ Die besten Profis schaffen im Treffmoment einen Ballstart von über
300 Stundenkilometern, das übertrumpft die startenden Flieger draußen. Der
Autor zeitlupete deutlich weniger, kaum überraschend.
Golfmode changiert traditionell zwischen bieder und hässlich, auch mit 50
oder 70 Prozent Messerabatt. Ausnahme: das junge Start-up Paxariño
(Vögelchen) aus Hildesheim. Die machen Hemden aus Bäumen, genauer: Shirts
aus Buchenholzfasern, ohne das golfhemdübliche Polyestergift,
fairtrade-gefertigt in Portugal, und sie lobpreisen ihre atmungsaktiven
Ökoprodukte: „From Nature to You“. Die schicken, bunten Teile kosten
allerdings 120 Euro, kein Messerabatt.
Um als Messebesucher weggeschickt zu werden zum Golfen ins Woandersland,
muss man sie vorher anlocken. Die Messe sei, so die Veranstalter, nur 100
Kilometer entfernt von Städten wie Lüttich oder Frankfurt. Na ja, es sind
schon Luftlinie 111 beziehungsweise 185. Dabei ist das Abschätzen von
Entfernungen eine der wichtigen Tugenden auf dem Platz: Sind es 80 Meter
bis zur Fahne oder doch gut 90? Aber um das Golfspiel geht es bei der
Golfmesse ja eh nur am Rande.
22 Mar 2024
## LINKS
[1] https://www.rheingolf.net/
[2] /Junger-Ukrainer-beim-Golf/!5879896
[3] /Alpenwanderung-in-Zeiten-der-Pandemie/!5727772
## AUTOREN
Bernd Müllender
## TAGS
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