# taz.de -- das wird: „Oft wirkt es, als wären inklusive Maßnahmen eine Art… | |
> Eine Lesung in Wandsbek erinnert daran, wie weit Hamburg noch von echter | |
> Inklusion entfernt ist | |
Interview Anna Lindemann | |
taz: Frau Muhl, wofür steht Nixklusion? | |
Sabine Muhl: Das ist ein Wortspiel aus „Nichts“ und Inklusion. Es soll | |
darauf anspielen, dass in der Inklusion zu wenig passiert. Ausgedacht haben | |
sich das zwei Mütter von Kindern mit Behinderungen, die auf | |
unterschiedlichsten Ebenen Ausgrenzung erleben. | |
Darüber sprechen Sie mit Arnold Schnittger, der seinen mehrfach behinderten | |
Sohn Nico pflegt und darüber ein Buch geschrieben hat. Was für Probleme | |
haben sie? | |
Puh, wo soll ich da anfangen? Es ist superschwierig, einen Kitaplatz, | |
Schulplatz und später eine Tagesförderung zu finden. Arnold Schnittger | |
musste seinen Beruf aufgeben, um seinen Sohn Vollzeit zu pflegen. Und er | |
beklagt immer wieder prekäre Systeme wie die Behindertenwerkstatt, in denen | |
die Behinderten nur ein Taschengeld verdienen. | |
Und im Alltag? | |
Auch im Stadtbild ist vieles nicht barrierefrei: öffentliche Toiletten und | |
Kulturstätten zum Beispiel. Selbst wenn ein Museum mal mit Rollstuhlzugang | |
gebaut ist, ist oft die Toilette nur über Treppen zu erreichen. Irgendwas | |
ist immer. | |
Warum gibt es oft so wenig Inklusion? | |
Inklusion ist ein Querschnittthema. Es hängt oft zusammen mit Armut, weil | |
pflegende Familienangehörige ihren Job aufgeben müssen. Trotzdem machen | |
sich eigentlich nur die Gedanken darum, die es betrifft. Es fehlt an | |
ernsthafter Solidarität, an Verständnis und deshalb natürlich an Geld und | |
Personal, das sich um Inklusion kümmert. | |
Was muss auf Bezirksebene passieren? | |
Wir haben in Wandsbek einen Inklusionsbeirat. Der tagt aber nur fünfmal im | |
Jahr, deutlich weniger als andere Beiräte, und anders als andere Ausschüsse | |
noch immer ohne Sitzungsgeld. Das sollte sich ändern. Außerdem würde es | |
sicherlich helfen, wenn auch behinderte Menschen in der Bezirksversammlung | |
arbeiten würden – sie sind die Experten und Expertinnen, wenn es um | |
Inklusion geht. | |
Warum arbeiten so wenig behinderte Menschen in der Politik? | |
Unsere Bezirksversammlung ist nicht barrierefrei genug. Sie hat zum | |
Beispiel mehrheitlich dafür gestimmt, dass Zwischenrufe nicht mit Mikro vom | |
Podium aus wiederholt werden müssen. Das war ein großes Problem für eine | |
hörbehinderte Abgeordnete, die inzwischen aus verschiedenen Gründen | |
zurückgetreten ist. | |
Wie setzen Sie sich fürs Thema ein? | |
Ich versuche es immer wieder in die Versammlung zu tragen und setze mich | |
dafür ein, dass Informationen für behinderte Menschen besser zugänglich | |
sind. Ich versuche immer wieder Gelder zu beantragen, zum Beispiel für eine | |
barrierefreie, rund um die Uhr geöffnete Toilette. Da stoße ich allerdings | |
oft an Grenzen. | |
Warum liegt Ihnen das Thema am Herzen? | |
Oft wirkt es, als wären inklusive Maßnahmen gönnerhaft, eine Art | |
Wohltätigkeit. Dabei geht es darum, ein würdiges Leben zu ermöglichen. Das | |
steht jedem zu. Deshalb ist es wichtig zu sagen: Empört euch, werdet laut! | |
16 Feb 2024 | |
## AUTOREN | |
Anna Lindemann | |
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