# taz.de -- Keine verbreitete Praxis | |
> In Hamburg betreibt die Kassenärztliche Vereinigung seit Jahresbeginn | |
> eine Kinderarztpraxis. Das Modell ist im Norden noch selten | |
Von Jonas Graeber | |
Anfang des Jahres eröffnete in Hamburg-Rahlstedt eine Kinderarztpraxis, | |
die nicht von Ärzt*innen, sondern von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) | |
betrieben wird. Die Kinderärzt*innen dort arbeiten als Angestellte. Der | |
Vorteil: geregelte Arbeitszeiten und kein wirtschaftliches Risiko wie bei | |
der Gründung einer eigenen Praxis. Finanziert werden solche Praxen aus den | |
Mitgliedsbeiträgen der KV. Verbreitet sind solche Angebote noch wenig. | |
Denn in Hamburg gibt es eigentlich genug Kinderarztpraxen. In absoluten | |
Zahlen gilt die Stadt als „überversorgt“. Während aber in gut situierten | |
Innenstadtvierteln viele Praxen vorhanden sind, stehen Eltern in | |
Randgebieten und ärmeren Stadtteilen im Hamburger Osten oder auf der Veddel | |
mit ihren kranken Kindern oft allein da. In Rahlstedt, Hamburgs | |
bevölkerungsreichstem Stadtteil, kamen im Jahr 2023 auf 17.800 | |
Minderjährige nur 16 Kinder- und Jugendärzt*innen. | |
## Kaum Praxen im Norden | |
Als Standort für eine Praxis sind diese Gebiete unattraktiv. Häufig werden | |
dort Kinder behandelt, deren Eltern nur wenig Deutsch sprechen. Die | |
Untersuchungen und Behandlungen dauern länger, unterm Strich können viel | |
weniger Patient*innen behandelt werden. Dolmetscher*innen sind in | |
aller Regel nicht vorgesehen oder werden nicht bezahlt. Generell wird es | |
immer schwieriger, Praxen nachzubesetzen. Es bräuchte mehr Ärzt*innen, um | |
das Versorgungsniveau aufrechtzuerhalten. | |
In Niedersachsen gab es bis 2023 zwei hausärztliche KV-Praxen, sagt Detlef | |
Haffke von der KV Niedersachsen. Eine davon liegt im Emsland, gerade wurde | |
sie von einem selbstständigen Arzt übernommen. Die andere Praxis auf der | |
Insel Wangerooge könnte noch länger in der Verantwortung der KV verbleiben. | |
Auch in Bremen ist die Verteilung von Haus- und Kinderärzt*innen | |
unausgeglichen. „Derzeit ist das Modell im Bereich der KV Bremen kein | |
Thema“, sagt aber Christoph Fox, Sprecher der KV Bremen. Man beobachte die | |
Versorgungssituation genau, perspektivisch könne sich die Einschätzung | |
ändern. | |
Ähnliches hört man aus Schleswig-Holstein. Zwar sei der Posten für | |
Eigeneinrichtungen in den Strukturfonds der KV vorhanden, abgerufen wurde | |
er aber noch nicht. Man setze, so Sprecher Marco Dethlefsen, auf | |
finanzielle Anreize für Ärzt*innen, wie etwa Renovierungshilfen bei | |
Übernahme einer Praxis. Solange Schleswig Holstein „überversorgt“ sei, | |
dürfe man keine neuen Praxen zulassen. | |
Auch die Praxis in Hamburg-Rahlstedt sei keine Dauerlösung, betont Claudia | |
Haupt, Landesvorsitzende des Berufsverbandes der Kinder- und | |
Jugendärzt*innen Hamburg. Langfristig soll die Praxis wieder „regulär“ | |
von einer Kinderärzt*in getragen werden. | |
1 Feb 2024 | |
## AUTOREN | |
Jonas Graeber | |
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