# taz.de -- orte des wissens: Des Herzogs Bücher von 1748 | |
> Die Bibliothek der TU Braunschweig ist eine der ältesten an einer | |
> technischen Hochschule | |
Bild: Sieht modern aus, ist aber alt: Die TU- Bibliothek | |
Als die Universitätsbibliothek der TU Braunschweig 1748 erstmals öffnete, | |
waren Studierende nur zweimal die Woche willkommen. Für je zwei Stunden | |
konnten sie Bücher in einem kleinen Raum einsehen. Ausleihe an Studierende | |
war untersagt. Damals hieß die Hochschule noch Collegium Carolinum. Mit | |
Erlaubnis des Herzogs Karl von Braunschweig-Lüneburg war sie 1745 gegründet | |
worden. | |
Heute blickt die Bibliothek der TU Braunschweig auf 275 Jahre Geschichte | |
zurück. Das macht sie zu einer der ältesten Bibliotheken an einer | |
technischen Hochschule in Deutschland. Das Collegium Carolinum war eine | |
Mischung aus Gymnasium, Universität, Militärakademie und College. Anders | |
als in Europa damals üblich, wurde auf Deutsch unterrichtet, nicht Latein. | |
Neben Geisteswissenschaften standen früh Naturwissenschaften, Mathematik, | |
technische Fächer wie Forstwirtschaft und Experimentalphysik sowie Medizin | |
auf dem Lehrplan der ersten 66 Studenten. Aus dieser Fächerkombination | |
sollten rund 100 Jahre später die ersten technischen Hochschulen in | |
Deutschland entstehen. | |
Heute sind an der TU Braunschweig 16.809 Studierende eingeschrieben. Sie | |
haben Zugriff auf 2,7 Millionen digitale und gedruckte Medien. Die | |
Bibliothek von 1748 war aus den Beständen des Herzogs Ludwig Rudolf von | |
Braunschweig-Wolfenbüttel hervorgegangen und umfasste nur einige Dutzend | |
Bände. „Die Bibliothek, die es damals gab, ist von dem, was wir jetzt | |
haben, Lichtjahre entfernt“, sagt Bibliotheksdirektor Robert Strötgen. Der | |
Historiker und Informationswissenschaftler leitet die Bibliothek seit Ende | |
2022. | |
## Die Bibliothek arbeitet seit Jahren auch mit künstlicher Intelligenz | |
Zum Jubiläumsjahr 2023 richtete die TU einen Festakt im Lesesaal aus. Zuvor | |
gab es Hausarbeitenhilfe für Studierende oder einen Buchbinderei-Workshop. | |
Alles begleitet von Beiträgen auf dem Bibliotheksblog und Social Media. | |
Denn die Digitalisierung ist für Bibliothekar Strötgen keine große | |
Neuigkeit. Seit Jahren arbeite seine Bibliothek mit künstlicher | |
Intelligenz. Systeme, die auf maschinellem Lernen basieren, sortieren etwa | |
medizinische Wirkstoffe bestimmten Symptomen zu und prüfen, ob es | |
Zusammenhänge gibt. Das TU-Projekt trägt den sperrigen Namen | |
„Fachinformationsdienst Pharmazie“. Es soll Forschenden und Studierenden | |
die Recherche zu pharmazeutischen Wirkstoffen erleichtern. | |
Obwohl das digitale Angebot der Bibliothek in den vergangenen Jahren wuchs, | |
ist die Zahl der Nutzer:innen gesunken. Laut Direktor Strötgen sind das | |
Spätfolgen der Pandemie. Auch schwanken die digitalen Zugriffszahlen immer | |
dann, wenn Suchmaschinen wie Google ihre Algorithmen überarbeiten und | |
digitale Bücher oder Zeitschriften an neuen Orten zu finden sind. | |
Dennoch ist für ihn klar: Die Zukunft ist digital, nicht gedruckt. In den | |
Bibliotheksräumen weichen die Regale zunehmend Schreibtischen und | |
Gruppenarbeitsräumen. Gerade für Studierende sei die Bibliothek „ein Raum, | |
wo man konzentriert arbeiten kann und wo eine Art sozialer Kontrolle | |
herrscht: Da lasse ich mich weniger ablenken“, sagt Strötgen. | |
Wie es in 275 Jahren um die Bibliothek stehen wird, weiß Strötgen nicht. | |
Aber er sagt: „Von den heutigen Techniken der Wissensproduktion und | |
-rezeption wird nichts mehr übrig bleiben. Bibliotheken werden nur | |
überleben, wenn sie es schaffen, relevante Unterstützung für Lehrende und | |
Forschende zu liefern.“ Immerhin, Studierende dürfen heute nicht nur vier | |
Stunden pro Woche in die Lesesäle, sondern 107. Leopold Pelizaeus | |
15 Jan 2024 | |
## AUTOREN | |
Leopold Pelizaeus | |
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