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# taz.de -- Adieu Tristesse
> Wetter und Seelen hüllen sich derzeit in Wintergrau. Warum killen wirRot,
> Grün, Lila, Blau?
Grau in grau sind deutsche Städte in diesen Wintertagen: die Straßen
nieselgrau, die Häuser nebelgrau, die Gesichter bleigrau, schwer lastet
darüber ein gramgrauer Himmel. Viele Menschen fühlen sich traurig und
finden alles nur noch gräulich – Alltag, Arbeit, Mitmenschen, Zukunft. In
unseren Städten reihen sich graubraunweiße Gebäude wie ein Bataillon von
Depressiven, die die Gullys vollheulen. [1][[Komisches Bild. d. Säzzer]]
Menschen, die in solchen Gebäudemaschinen mit seriell hergestellten
Fassaden arbeiten, funktionieren oft bloß noch, mehr nicht. [Puh! d.
Säzzer]
Dass uns starke und leuchtende Farben fehlen, ist jedoch nicht nur
wetterbedingt, sondern auch menschengemacht. Wir killen Farben! Und dann
wollen wir auch noch davor fliehen und in die farbenfrohen Tropen jetten –
und zerstören das, was wir lieben: Natur, Himmel, Klima. [Ich liebe nicht
Natur, Himmel, Klima, sondern meine Frau. d. Säzzer]
Dabei können Farben sogar Heilung unterstützen – wenn auch nicht vom
Kapitalismus, so doch vom Krank- und Traurigfühlen. Auf der Website des
Deutschen Farbenzentrums ist in einer Studie von 2017 nachzulesen, dass die
farbige Umgestaltung der intensivmedizinischen Abteilung in einem
Wuppertaler Krankenhaus erstaunliche Effekte hatte. [Wundert mich nicht,
dass die das behaupten. d. Säzzer] Wände und Querbalken waren in Rot oder
Gelb gehüllt, Nutzungsbereiche unterschiedlich farblich gestrichen,
Neonleuchten durch warme LED-Lampen ersetzt worden. [Wie hier! Blicke auf
eine grüne Tür. Na gut, alles andere ist grau. d. Säzzer]
Das Ergebnis: Alle fühlten sich mehr behütet und geborgen. Das medizinische
Personal war begeistert, die Kranken ebenfalls. Deren Verbrauch von
Psychopharmaka sank um fast ein Drittel, die Zufriedenheit mit der Pflege
stieg um fast 30 Prozent.
Man sollte annehmen, dass alle Kliniken das Konzept nachahmen. Aber
Innenräume in Kliniken und Therapiezentren, in Bürogebäuden und
Privathäusern sind fast immer weiß.
Gleichzeitig kleiden wir uns selbst in Betongrau, Steingrau, Mörtelgrau.
[Stimmt nicht! Die Kollegin am Nachbartisch trägt Lila, der Kollege Gelb.
d. Säzzer] In Italien oder Dänemark würde man dafür vom Bürgersteig gejagt.
Warum nicht auch hier? Warum veröden wir unseren Alltag und lassen diesen
krankmachenden Städtebau und solche Trauerbekleidung zu?
Sind wir inzwischen alle so konformitätsbefallen? Und das im Zeitalter der
angeblichen Total-Individualisierung?
Lasst uns dagegen rebellieren. Jetzt sofort. [Jetzt ist aber Feierabend! d.
Säzzer]
Ute Scheub [Der Säzzer freut sich, dass die Autorin die Säzzer-Sätze mit
Humor nimmt. d. Säzzer]
16 Dec 2023
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## AUTOREN
Ute Scheub
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