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# taz.de -- berliner szenen: Ein haariger Wortwechsel
Kann sich noch jemand an die spöttische Frage erinnern: Hat der keinen
Friseur? Klingt wie Alfred Tetzlaff aus der 70er-Jahre-TV-Serie, die gerade
wiederholt wird. Gemeint war jemand, der im Kollegenkreis nicht aufhören
kann, von seinen privaten Dramen zu erzählen. Ohne Gespür dafür, dass die
niemanden interessieren.
Hier ist es umgekehrt. Die Friseurin redet und redet, noch dazu in
raumfüllender Lautstärke. Ihre Kundin nickt ab und zu in den Spiegel. Alle
anderen Köpfe auf den Nachbarstühlen, in Folie verpackt, in Handtücher
gehüllt, von Scheren umklappert, alle wissen inzwischen Bescheid über die
Darmschwäche des alten Hundes der Friseurin – er schläft gerade im
Lagerraum, kommt aber bestimmt bald wieder zum Vorschein, keine Sorge – und
das bevorstehende Familienfest mit den konkurrierenden Cousinen. Die
Kolleginnen hören das sicher nicht zum ersten Mal, auf ihren Gesichtern
zeichnet sich nicht die geringste Regung ab. Für ein paar Minuten spricht
die Mitteilungsbedürftige leiser, fast verschwörerisch. Sie informiert ihre
Kundin über die Haarpflegeprodukte, die es hier im Salon zu kaufen gibt.
Findet sie viel zu teuer, mehr Verpackung als Inhalt. Sie selbst kauft ihre
beim Discounter, macht praktisch keinen Unterschied, die Haarseife findet
sie sogar besser. Mittel, die das Haarwachstum fördern? So ein Quatsch. „Wo
nichts ist, da kann auch nichts gefördert werden. Darf man natürlich nicht
laut sagen.“ Die Kundin hat eine glänzende Promi-Zeitschrift auf dem Schoß,
aber mehr als das Deckblatt kann sie hier nicht studieren. Schließlich
kommt es doch noch zum erschöpfenden Dialog. Die Friseurin hält einen
Handspiegel hoch, damit die Kundin einen Blick auf ihren Hinterkopf
riskieren kann. „Verstehen Sie überhaupt Deutsch?“ – „Warum?“ – �…
ja gar nichts.“ Claudia Ingenhoven
5 Dec 2023
## AUTOREN
Claudia Ingenhoven
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