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# taz.de -- berliner szenen: Gibt’s Oper auch ohne Gesang?
Die Ouvertüre war gerade vorbei, keine zehn Minuten hatte das Orchester
gespielt, da dröhnte es vom 2. Rang der Staatsoper Unter den Linden mitten
in den Applaus: „Buh! Buuuuuh! Welch eine Anmaßung!“ Der Vorhang war sogar
noch unten. Er hätte auch gehen können. Aber nein, er brüllte. Von den
billigeren Plätzen. Dafür mit Prädeterminativ!
Ich bin ja auch geblieben. Alle 15 Jahre denke ich, die Oper und ich, wir
können es ja noch mal versuchen. Die Musik selbst ist ja okay bis prima,
also das, was im Orchestergraben läuft, ohne das Gesinge. Diesmal
„Fidelio“. Sichteingeschränkt. Auch im 2. Rang. Gangplatz. Um am Schluss
schnell wegzukommen. In die Beethoven-Oper wollte ich eigentlich gar nicht.
Sondern in „Don Giovanni“ – im Sommer vor drei Jahren. Der Gutschein, den
die Staatsoper dann pandemiebedingt ausstellte, ist bis 31. 12. 2023
gültig. Allein: Die „Don Giovanni“-Inszenierung, um die es mir ging, gibt�…
nicht mehr. Immer wenn ich auf den Spielplan schaute, hatte ich schon keine
Lust mehr.
Keine Fahrradständer, Garderobenpflicht – und dann singen die Leute auf der
Bühne fünf Minuten lang die gleichen zwei Zeilen, manchmal verschiedene
gleichzeitig mit Koloratur? Ach stimmt, dachte ich mitten im 1. Akt; das
hatte mich schon letztes Mal genervt. Wenig Inhalt, aber dafür drei Stunden
brauchen. Klassische Konzerte: gerne. Ballett: logo. Theater: immer. Gibt’s
Oper auch ohne Gesang?
Der Schlusschor drehte noch mal voll auf. Als ob sie dem Zwischenrufer vom
Anfang zeigen wollten, was Sache ist. Vorhang. Mein Kopf dröhnte auf der
Radfahrt durch die Berliner Novembernacht. Und am nächsten Morgen. Ich habe
noch 2 Euro vom Gutschein übrig. Wenn’s jemand für ein Ticket nutzen will
bis Ende des Jahres: gerne melden.
Anne Haeming
27 Nov 2023
## AUTOREN
Anne Haeming
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