# taz.de -- das wird: Arm in einer reichen Stadt | |
> In Hamburg diskutieren Betroffene und Politik, wie viel Armut sich die | |
> Stadt leistet | |
Von Jonas Graeber | |
Unter dem griffigen Motto „Zahlungsaufforderung: Das Geld reicht nicht zum | |
Leben!“ treffen am Donnerstag in den Räumen des Centro Sociale im Hamburger | |
Schanzenviertel Armutsbetroffene auf Wissenschaftler*innen und | |
Politiker*innen. | |
Neben dem Armutsforscher Harald Ansen von der Hochschule für angewandte | |
Wissenschaften (HAW) und der #ichbinarmutsbetroffen-Aktivistin Beate | |
Behrens stellt sich auch Sozialstaatsrätin Petra Lotzkat der Diskussion. | |
Für die Hamburger Regierungsfraktionen haben sich Kirsten Martens (SPD) und | |
Linus Görg (Grüne) angekündigt. | |
Dass die Perspektive von Betroffenen bei der Veranstaltung so prominent | |
gehört wird, ist wichtig. Denn Armut ist zwar überall, wird aber oft | |
verdrängt. „Oft wird ihr mit Ekel begegnet“, hatte jüngst der Soziologe | |
Franz Schultheis im taz-Interview dieses Phänomen erklärt. „Andererseits | |
ist es ein moralisches Problem, dass wir uns Armut erlauben: Wir haben eine | |
Gesellschaft mit einem extrem hohen Lebensstandard, gleichzeitig muss jedes | |
fünfte Kind unter der Armutsgrenze hausen.“ | |
Ein weiterer Grund für die vermeintliche Unsichtbarkeit: Als Mitglieder der | |
Gesellschaft haben arme Menschen die Abwertung verinnerlicht. Das | |
Schamgefühl lässt sie abtauchen. Der Verein „Hamburg traut sich was“ möc… | |
sich dieser Stigmatisierung entgegenstellen. Er hat die Veranstaltung am | |
23. November organisiert. | |
Hamburg ist bei weitem nicht die Großstadt mit der bundesweit höchsten | |
Millionärsdichte, wie oft behauptet wird: Die ist in Düsseldorf, München | |
oder Stuttgart deutlich höher. Als reich gilt sie trotzdem zurecht: Und | |
umso schärfer trifft der Wohlstand der Vermögenden auf große Armut. Gerade | |
die Folgen der Coronapandemie und wohl noch mehr die aktuelle Inflation | |
dürften diese Schere weiter auseinander treiben. Während die | |
Armutsgefährdungsquote im Bundesdurchschnitt von 2022 auf 2023 gesunken | |
ist, ist sie in Hamburg um 0,4 Prozent angestiegen. | |
Einen Armutsbericht, wie ihn Bremen seit 2009 alle sechs Jahre erstellt, | |
leistet sich Hamburg nicht, auch bei der Gesundheitsversorgung hat die | |
Stadt das Thema nur zögerlich bearbeitet, in anderen Punkten ganz | |
verschlafen: Es gibt viel zu bereden im Centro Sociale. | |
22 Nov 2023 | |
## AUTOREN | |
Jonas Graeber | |
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