# taz.de -- das wird: Alchemie der Gegensätze | |
> Ein Buch erinnert an alte Zeiten im Hamburger Café Schöne Aussichten. | |
> Dort wird die Veröffentlichung jetzt gefeiert | |
Außer ins Bermuda-Dreieck (Subito – Kir – Luxor) in der Schanze gingen | |
Bohemiens, Lumpenintellektuelle und sonstige Ausgehwütige im Hamburg der | |
1980er-Jahre zum Vorglühen gern ins Café Unter den Linden oder ins Café | |
Schöne Aussichten am Gorch-Fock-Wall. Damals war es noch eine extrem | |
penible Angelegenheit, welche Fraktion der Subkultur wohin ging und wohin | |
nicht. Es war eine Religion mit rigiden Ritualen und No-Gos. Wer einmal zu | |
oft die falschen Locations besucht hatte, gehörte nicht mehr dazu, zur | |
revoltierenden In-Group mit ihrer moralischen Lizenz zur Verdammnis. | |
Das Café Schöne Aussichten stand im Ruf, eigentlich nur etwas für die | |
Bessergestellten und an Umverteilung desinteressierten Caféhausbesucher zu | |
sein – hätten da nicht auch immer wieder abgefahrene und zum Teil | |
hyper-prä-aktuelle Musikacts stattgefunden, die Uriz von Oertzen als Teil | |
des Betreiber-Trios in den Schönen Aussichten veranstaltete. Hier lieferte | |
der Sänger David Thomas von der legendären experimentellen US-Band Pere Ubu | |
mit The Pedestrians ein fantastisches und intimes Konzert ab, hier spielten | |
die brachialen und virtuosen Universal Congress Of mit dem Gitarristen und | |
Sänger Joe Baiza und dem Saxofonisten Steve Moss, eine schüchterne Suzanne | |
Vega bestritt hier ihren ersten Deutschland-Gig, Anne Clarke erweckte ihren | |
düster-monotonen „Sleeper in Metropolis“ zum Leben, die Chanteuse Mathilde | |
Santing gastierte und die fast unbekannt gebliebene, lyrische Pariser Fee | |
Hermine stellte hier ihr erstes Rough Trade-Album vor. | |
Auch Holger Hiller spielte im charmanten Rahmen und zu fast jedem | |
Weihnachtsfest etablierten Die Zimmermänner ihre Liebe zu intimen | |
Clubkonzerten. Neun Artikel von mir aus den Anfangstagen des | |
Konzertbetriebs sind auch im Buch abgedruckt worden. | |
Hier sah ich zum ersten Mal Die Antwort von Bernd Begemann & Co, Saxofonist | |
und Sänger Ted Milton spielte mit Blurt. Es folgten unter anderem: Lenny | |
Kravitz, Ben Harper, Everything But The Girl, Alanis Morissette, King Rocko | |
Schamoni, Otto Waalkes, Maxim Rad, Wigald Boning, Maceo Parker, Sheryl | |
Crow, Foreigner und Deee-Lite folgten. Die Plattenfirmen schickten ihre | |
potenziellen Newcomer oft zu Testauftritten auf die kleine Bühne von Uriz. | |
Da gab es viele Überraschungen. | |
Ansonsten feierte selbst die Redaktion der Musikzeitschrift Spexeine Party | |
im idyllisch gelegenen Pavillon im Botanischen Garten ebenso MTV, Peter | |
Urban und Depeche Mode. Hier hingen auch Meter Paffay, die Eurythmics, | |
Fleetwood Mac, Rick Astley und ZZ Top zu Presseterminen und Aftershowpartys | |
ab. Fast wie Robert Palmer 1978 sang: „We want the best of both worlds.“ | |
Carsten Klook | |
8 Nov 2023 | |
## AUTOREN | |
Carsten Klook | |
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