# taz.de -- „Populistisches Momentum“ | |
> Kritik von SPD und Grünen an Aussagen von CDU-Fraktionschef Dirk Stettner | |
> zur Migrationspolitik | |
Von Clara Heuermann | |
Der Deutschen Straßen und Parks putzen, um als Flüchtling hier leben zu | |
dürfen – so könnte man verstehen, was Dirk Stettner, Chef der CDU-Fraktion | |
im Abgeordnetenhaus, jetzt im Tagesspiegel forderte. Stettner sprach von | |
„importiertem Antisemitismus“ unter arabischstämmigen Flüchtlingen, dem | |
durch bessere Integration entgegengewirkt werden solle – zum Beispiel in | |
Form gemeinnütziger Arbeit. Flüchtlinge könnten, so seine Idee, doch bei | |
der Pflege von Parks oder der Säuberung von Straßen helfen. So erhielte ihr | |
Alltag eine feste Struktur, und die „gesellschaftliche Akzeptanz“ für | |
Flüchtlinge würde erhöht, glaubt Stettner. | |
## Alter Wein in neuen Schläuchen | |
Die Forderungen sind im Grunde altbekannt. Schon 2017 wollte man | |
Flüchtlinge als billige Aushilfskräfte über den Weg von 1-Euro-Jobs auf dem | |
Arbeitsmarkt „integrieren“. Eigentlich als Maßnahme für Langzeitarbeitslo… | |
gedacht, sollten auch Asylbewerber*innen die Möglichkeit erhalten, für | |
80 Cent pro Stunde im Handwerk, in der Datenverarbeitung oder auch in der | |
Grünpflege zu arbeiten. Diese Maßnahme war Teil der | |
„Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen“, eines Programms der damaligen | |
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Die Nachfrage blieb gering. | |
Ohnehin wäre bei Stettners Vorschlag zu klären, wie mit bürokratischen | |
Hürden umzugehen sei. Auch sind Berlins Straßen und Parks zwar häufig nicht | |
perfekt, aber keineswegs so pflegelos, wie der CDU-Fraktionschef | |
suggeriert. Zudem müssten die betroffenen Flüchtlinge eingelernt und die | |
Arbeit beaufsichtigt werden, dafür bräuchte es wiederum ausgebildete | |
Ansprechpersonen. | |
## „Verantwortungslose“ Parolen | |
„Die beste Integration ist die Arbeitsmarktintegration“, sagt Orkan | |
Özdemir, Sprecher der SPD-Fraktion für Integration, zur taz. Er habe die | |
Erfahrung gemacht, dass Flüchtlinge arbeiten wollen, ihnen das politisch | |
aber häufig erschwert werden würde. Theoretisch ist es schon drei Monate | |
nach Einreise möglich, eine Arbeitsstelle anzunehmen. „Der eigentliche | |
Skandal ist doch, dass manche Flüchtlinge sogar erst nach zwei Jahren | |
arbeiten dürfen“, so Özdemir. Die Aussage von Stettner hält er für ein | |
„populistisches Momentum“, das durch „echte Diskussionen“ ersetzt werden | |
sollte. | |
Ähnlich sieht es Jian Omar, der Fachsprecher der Grünen im | |
Abgeordnetenhaus. Der CDU-Fraktionsvorsitzende vermenge Themen aus | |
ideologischen Gründen. Seit Langem befände sich die Union auf einem | |
Antimigrationskurs, auf dem die Partei jede Möglichkeit zur Stimmungsmache | |
nutzen würde. Zwar erwähnt Stettner auch die lange Geschichte des | |
Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft. Aber die Rede von | |
„importiertem Antisemitismus“ hält Grünen-Politiker Omar für | |
„verantwortungslos“ und „geschichtsvergessen“. Stattdessen müsse für | |
„Verständigung und Zusammenleben auf dem Boden unserer Werte“ eingetreten | |
werden. | |
31 Oct 2023 | |
## AUTOREN | |
Clara Heuermann | |
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