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## Was ist der Unterschied zwischen HIV-positiv und Aids? | |
HIV-positiv zu sein bedeutet erst einmal nur, positiv auf das Humane | |
Immundefizienz-Virus getestet zu sein, sprich eine chronische Infektion zu | |
haben. Aktivist*innen sprechen bei HIV-Positivität daher nicht pauschal | |
von krank sein, da man gesund leben und das Virus durch eine effektive | |
Therapie unter die Grenze der Nachweisbarkeit im Blut senken kann. Bis | |
heute ist die Infektion mit HIV jedoch nicht heilbar, da das Virus nie | |
vollständig eliminiert wird. | |
Das Krankheitsbild Aids kann als Folge einer unbehandelten HIV-Infektion | |
auftreten und wurde 1981 erstmals beschrieben. Das HI-Virus bedingt diese | |
Immunschwäche, indem es bestimmte Zellen des Immunsystems angreift, die | |
wichtig für die Abwehr von Krankheitserregern wie Bakterien, Viren oder | |
Pilzen sind. Ist das Immunsystem stark geschwächt, können | |
„Aids-definierende Erkrankungen“ auftreten wie spezielle | |
Lungenentzündungen, aber auch Tumorerkrankungen. | |
## Welche Therapie gibt es? | |
HIV ist heute sehr gut behandelbar. Die sogenannten ARTs, antiretrovirale | |
Therapien, greifen zum einen die Herstellungsmechanismen an, die das Virus | |
hat, um sich genetisch zu vermehren. Oder sie verhindern, dass das Virus | |
überhaupt in die Zelle eindringen kann. Das Ziel der ART ist es, eine | |
unkontrollierte Vermehrung des HI-Virus im Körper zu verhindern und einem | |
Immundefekt vorzubeugen. Außerdem verringert man so die | |
Ansteckungsfähigkeit der Patient*innen. In Deutschland stehen 96 Prozent | |
der HIV-positiven Menschen unter einer Therapie. Sie sind nicht mehr | |
ansteckend. Diese Strategie wird auch „Therapie als Prävention“ genannt, | |
denn man weiß seit 2008 durch Studien, dass „nicht nachweisbar“ nicht | |
übertragbar bedeutet. Auch für viele der durch HIV entstehenden | |
Erkrankungen gibt es wirksame Therapien. So sind die meisten, leider jedoch | |
nicht alle Aids-Erkrankungen, wenn sie früh erkannt werden, behandelbar. | |
## Was sind die häufigsten HIV-Übertragungswege? | |
HIV ist relativ schwer übertragbar. Eine Übertragung kann nur durch | |
bestimmte Körperflüssigkeiten, die eine ausreichende Menge des Virus | |
enthalten, erfolgen. Der häufigste Übertragungsweg sind ungeschützte | |
Sexualkontakte. Nicht ansteckende Körperflüssigkeiten sind Speichel, | |
Tränenflüssigkeit, Urin, Stuhl, Schweiß. Hoch ansteckend sind dagegen Blut, | |
Sperma, Vaginalsekret, Muttermilch. | |
Eine Übertragung über die intakte Mundschleimhaut ist unwahrscheinlich, | |
sodass auch Oralsex als Safer-Sex-Praktik gilt. Eine weitere häufige | |
Übertragungsform ist aber die gemeinsame Verwendung von Nadeln beim | |
Drogengebrauch. | |
Medizinisches Personal ist durch Schnitt- oder Stichverletzungen mit | |
kontaminierten Instrumenten gefährdet. Darüber hinaus besteht die | |
Möglichkeit der Übertragung des Virus von Mutter zu Kind unter der Geburt | |
oder beim Stillen. Es gibt mittlerweile jedoch effektive | |
Präventionsmaßnahmen, um dies zu verhindern, sodass in Deutschland eine | |
natürliche Geburt geplant werden kann. | |
## Wie kann ich mich schützen? | |
Nicht nur Kondome bieten einen guten Schutz vor einer HIV-Übertragung. In | |
einer auf Dauer angelegten Partnerschaft kann eine fortlaufende Kontrolle | |
der Viruslast eines positiven Partners erfolgen und so einer Ansteckung | |
vorgebeugt werden. Bei häufig wechselnden Sexualpartner*innen kann | |
eine Präexpositionsprophylaxe (PrEP) eingenommen werden. Hierbei wird | |
durch eine geplante Medikamenteneinnahme vor dem Sex eine HIV-Übertragung | |
aktiv verhindert. Seit 2019 übernehmen in Deutschland die gesetzlichen | |
Krankenkassen die Kosten für die PrEP. Allerdings schützt die PrEP nicht | |
vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen, das können nur Kondome. | |
Auch eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) ist möglich, wenn ungeschützter | |
Sex oder eine Nadelstichverletzung bereits stattgefunden haben. Um eine | |
Ansteckung beim Drogenkonsum zu vermeiden, sollten Nadeln nicht geteilt | |
werden. | |
## Wie entwickeln sich die HIV-Ansteckungszahlen? | |
Weltweit sind etwa 39 Millionen Menschen HIV-positiv. Die Hälfte aller | |
weltweit Betroffenen sind Frauen. Im Jahr 2022 gab es schätzungsweise 1,3 | |
Millionen Neuerkrankungen. Es starben etwa 630.000 Menschen an den Folgen | |
von Aids. Zu Regionen, in denen mehr als 1 Prozent der Bevölkerung | |
HIV-positiv ist, gehören alle Länder in Subsahara-Afrika, Teile der Karibik | |
und einige Länder Südostasiens. Im südlichen Afrika gibt es Regionen, in | |
denen bis zu 40 Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Aktuell stehen | |
global 76 Prozent der HIV-Infizierten unter einer Therapie, und die Zahl | |
der Neuerkrankungen konnte seit 1995 um fast 60 Prozent gesenkt werden. Das | |
erklärte Ziel der UN ist bis 2030 „95-95-95-0“ zu erreichen. Das heißt: 95 | |
Prozent der HIV-Positiven kennen ihre Diagnose, davon sind 95 Prozent | |
behandelt und davon 95 Prozent durch die Therapie unter der Nachweisgrenze. | |
Die Null am Ende steht für null Diskriminierung von HIV-Erkrankten. | |
Laut Hartmut Stocker, Chefarzt der Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus | |
Berlin, hat die Covid-Pandemie weltweit eine geringere HIV-Testrate und | |
Einbußen in der Versorgung mit HIV-Medikamenten nach sich gezogen. „Der | |
positive Trend in der HIV-Bekämpfung droht sich durch solche Krisen | |
umzukehren.“ | |
In Deutschland wissen nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts nur 90 | |
Prozent der Erkrankten von ihrer Erkrankung, davon sind jedoch 96 Prozent | |
behandelt und unter der Nachweisgrenze. Zwei von drei UN-Zielen sind somit | |
erreicht. Ein Viertel der HIV-Infektionen wird in Deutschland über | |
heterosexuelle Sexualkontakte erworben, 65 Prozent über homosexuelle. | |
## Wann sollte ich mich testen lassen? | |
Eine allgemeingültige Empfehlung zum Testen gibt es nicht, es sollte am | |
ehesten „risikoadaptiert“ getestet werden. „Die wichtigste Botschaft ist, | |
dass jeder von uns, der sexuell aktiv ist, ein gewisses Risiko hat, sich | |
anzustecken“, sagt Hartmut Stocker. „Wir müssen davon wegkommen, in | |
veralteten Kategorien zu denken.“ Viele Gesundheitsämter bieten anonyme und | |
kostenlose HIV-Tests an. Auch bei ambulanten Ärzt*innen und Aids-Hilfen | |
sind diese möglich. | |
Judith Rieping | |
30 Sep 2023 | |
## AUTOREN | |
Judith Rieping | |
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