# taz.de -- das wird: Mobbing ist manchmal ein diskretes Spiel | |
> Camilla Ferraz bringt Saša Stanišić‘ jüngstes Buch „Wolf“ auf die B… | |
Camilla Ferraz steht in der Garage des Thalia Theaters in der Gaußstraße | |
und präsentiert das Bühnenbild: Eine weiße Platte, leicht schräg | |
positioniert und teilweise durchlöchert. Auf den ersten Blick wirkt die | |
Kulisse ein wenig schlicht und mysteriös zugleich. Hier laufen momentan die | |
Proben zur Bühnenadaption von Saša Stanišić’ Jugendroman „Wolf“, bei … | |
die 32-Jährige Regie führt. Wie dieses Bühnenbild zum Einsatz kommt, wird | |
sich dann bei der Premiere am 27. September zeigen. | |
In der literarischen Vorlage schildert Stanišić den Aufenthalt eines die | |
meiste Zeit namenlos bleibenden jugendlichen Erzählers in einem eher | |
trostlosen Ferienlager: An diesem Ort treffen die Einöde der Umgebung und | |
die konfliktreichen Gruppendynamiken junger Menschen aufeinander. | |
Für den Protagonisten stellt sich dabei bald die Frage, ob er Jörg, der von | |
anderen Jungen schikaniert wird, beistehen soll. Und zusätzlich taucht auch | |
noch der titelgebende Wolf auf. „Das ist ein Jugendroman, der den Kindern | |
etwas zutraut“, erklärt die Regisseurin. „Das Mobbing wird eher angedeutet, | |
nicht alles wird deutlich beschrieben.“ Daher müsse man bei sich selbst | |
suchen und sich fragen, was man darüber wisse – ob und welche Erfahrung man | |
selbst mit dem Thema gemacht habe. „Das hat mich an dem Stoff gereizt“, so | |
Ferraz. | |
Das Buch des preisgekrönten Autors, dessen Romane „Vor dem Fest“ und | |
„Herkunft“ ebenfalls am Thalia Theater adaptiert worden waren, bildet die | |
Grundlage für ihre erste eigenständige Regiearbeit bei einem Theaterstück. | |
Erfahrung hat sie in diesem Bereich natürlich schon gesammelt. Schließlich | |
arbeitet Ferraz am Thalia als Regieassistentin und inszenierte bereits die | |
selbstgeschriebene Doku-Fiktion „Die letzte Kür“ über Doping-Skandale und | |
den Roman „Die Vegetarierin“ der südkoreanischen Schriftstellerin Han Kang | |
als szenische Lesungen. Die fanden allerdings noch im „Nachtasyl“ statt, | |
dem kleineren Saal im Hauptgebäude am Alstertor. | |
Nun also ihre Inszenierung in der Gaußstraße mit der Adaption eines Romans | |
von Saša Stanišić, einem der erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der | |
Gegenwart. Mit diesem, erzählt Ferraz beim Interview, habe es vor den | |
Proben ein Gespräch gegeben: „Es war schön, ihn vorher getroffen zu haben, | |
weil er uns ermutigte, unsere eigenen Berührungspunkte in seinem Roman zu | |
finden.“ Von da an lag es an der Regisseurin ihre eigene Interpretation des | |
Textes auf die Bühne zu bringen. | |
Wichtig sei für sie gewesen, ein Theaterstück zu schaffen, dass sich nicht | |
nur an ein jugendliches Publikum richtet. Auch Erwachsene sollen sich | |
angesprochen fühlen und sich an ihre eigene Jugendzeit erinnern: Für sie | |
sei der Roman ein neuer „Tschick“, sagt sie. Wie Wolfgang Herrndorfs vor | |
etwas mehr als zehn Jahren erschienener, und doch längst zum Klassiker | |
avancierter Roman könne auch „Wolf“ „Erwachsene und Kinder gleichermaßen | |
berühren“. Ab Mitte dieser Woche kann dann das Publikum herausfinden, ob | |
das auch der Regisseurin gelingt. Und was es mit der weißen Platte als | |
Kulisse auf sich hat. | |
Lenard Brar Manthey Rojas | |
26 Sep 2023 | |
## AUTOREN | |
Lenard Brar Manthey Rojas | |
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