# taz.de -- das wird: „Wir sind die, die Unruhe stiften“ | |
> Lustvoll und mit einer Seefrauen*parade am Ende kämpft das | |
> Networking-Festival in Hamburgs Hafen gegen patriarchale Strukturen | |
Interview Paul Weinheimer | |
taz: Dagmar Rauwald, wieso ist das Meer ein politischer Ort? | |
Dagmar Rauwald: Das Meer ist ein Ort, an dem wirtschaftliche, ökonomische, | |
ökologische und natürlich historische Aspekte zusammenkommen. Kriege wurden | |
und werden über den Seeweg geführt. Es gibt außerdem eine große und | |
schreckliche Kolonialgeschichte, die sich darüber erzählen lässt. Das | |
versuchen wir abzubilden und zu benennen und haben deswegen verschiedene | |
Schiffe bei der Parade, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen. | |
Inwiefern ist die Seefrauen*parade eine feministische Veranstaltung? | |
Die Kritik fängt schon beim Hafen an. Dort herrschten immer patriarchale | |
Strukturen, die sich bis heute ziehen. Es ist ein Ort, an dem Frauen | |
unsichtbar sind. Versteckt in den Panzergebäuden ohne Fenster, arbeiten sie | |
dort meistens in der Fischindustrie, wo sie mit den Händen Heringe | |
auseinandernehmen. Oder als Prostituierte. In beiden Fällen sehen sie sich | |
Stigmatisierung ausgesetzt. Nur eine kleine Anzahl an Frauen arbeitet auf | |
den Schiffen beispielsweise als Techniker*innen. | |
Wen soll die Veranstaltung ansprechen? | |
Wir schreiben in unserem Titel „All Shefarers*“, und mit dem „All“ mein… | |
wir wirklich alle Menschen. Vor allem natürlich diejenigen, die sich für | |
den Hafen und das Meer interessieren. Und dafür über die bestehenden | |
Strukturen nachzudenken und Alternativen zu entwickeln. | |
Wofür steht der Stern? | |
Dafür, dass wir explizit alle Geschlechter ansprechen möchten und | |
Genderstereotype überwinden wollen. Wir glauben aber auch, dass Cis-Männer | |
dazu in der Lage sind und heißen auch diese herzlich willkommen. | |
Ihr habt für euer Logo einen Hydra-Kopf gewählt. Wieso? | |
Die Hydra ist ein mythologisches Seeungeheuer, eine Schlange mit unzähligen | |
Köpfen. Schlägt man einen ihrer Köpfe ab, wächst dieser nach. Für uns steht | |
sie deswegen im übertragenen Sinne für einen politischen Widerstand. Die | |
Hydra wehrt sich dagegen, zurückgedrängt zu werden. | |
Wenn wir bei diesem Bild bleiben: Gegen wen kämpft ihr? | |
Eigentlich ist das Bild antithetisch gemeint, wir sind auf der anderen | |
Seite. Also in der Rolle der Hydra und wehren uns gegen die patriarchalen | |
Strukturen vor allem im maritimen Kontext. Damit stellen wir uns auf die | |
Seite jener, die Jahre lang verdrängt wurden und keine Stimme hatten. Wir | |
sind die, die Unruhe stiften. | |
Das Logo fällt außerdem durch grelle Farben auf: Violett und Türkis. | |
Genau. Das haben wir bewusst gewählt. Es sind die Farben der britischen | |
Suffragetten, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts für den Kampf der | |
Frauenrechte einsetzten. Insgesamt drei Farben. Dunkelviolett, das steht | |
für die Würde der Frau. Weiß für die Klarheit der Gedanken und das Türkis | |
für die Hoffnung, diese Ziele zu erreichen. | |
Wie kann man an der Parade teilnehmen? | |
Startpunkt ist die „MS Stubnitz“, die auch Kooperationspartner ist. Dort | |
können Gäst*innen an Bord gehen und von dort die Parade verfolgen. Zum | |
Start wird es dort auch eine Performance geben. Die teilnehmenden Schiffe | |
zeigen außerdem Kunst in Form von Bannern, Flaggen und Skulpturen genauso | |
wie politische Botschaften. Man kann die Parade außerdem über einen | |
„Seefunk“ verfolgen. Dieser ist auch auf der „MS Stubnitz“ zu hören und | |
wird im „Hallo Radio“, bei „[Sic]nal“ und beim „Freien Sender Kombina… | |
hören sein. | |
Habt ihr für Besucher*innen auch Platz auf den Schiffen? | |
Alle Interessierten sind dazu eingeladen, um 13 Uhr zu den Landungsbrücken | |
zu kommen und mit an Bord zu gehen. Wir haben noch freie Plätze, eine | |
Voranmeldung über unsere Website ist allerdings gut. | |
Wo ist das Ende der Parade? | |
An der Elbphilharmonie. Im „Imagine the City“-Verein finden dann | |
verschiedene Veranstaltungen statt. Unter anderem ist dort eine | |
afrikanische Performance zu sehen, die auch noch mal einen kritischen Blick | |
auf die Geschichte des Hamburger Hafens wirft. | |
23 Aug 2023 | |
## AUTOREN | |
Paul Weinheimer | |
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