# taz.de -- berliner szenen: Päckchen am Straßenrand | |
Es ist nicht einfach, Gutes zu tun. Manchmal sollte man es vielleicht | |
lieber lassen. Kürzlich fahre ich unsere Hauptstraße entlang in unserem | |
kleinen Städtchen und ärgere mich über die Kartons, die jemand auf dem | |
Grünstreifen liegen gelassen hatte. Pappkartons mit Plastikbändern? Ich | |
drehe wieder um. Drei original verpackte Päckchen liegen da mit Adressen | |
aus der näheren Umgebung. Ich sehe im Geiste den Paketzusteller völlig | |
hektisch Päckchen aus dem Transporter ausladen, um an die hinteren | |
heranzukommen und dann schnell weiterzufahren; alles muss heute noch | |
zugestellt werden. | |
Dann werde ich jetzt Paketbotin und tue Gutes. Im Auto suche ich mir gerade | |
auf dem Handy die Route raus, um die Päckchen sicher an die Empfänger zu | |
liefern, als ein Transporter mich überholt, abbremst, die Warnblinkanlage | |
einschaltet und langsam die Straße entlangfährt. Sucht der etwas? Bevor ich | |
reagieren kann, fährt er schon wieder weiter. | |
Während ich die Pakete überbringe und jedes Mal die Geschichte dazu | |
erzähle, wenn ich die fragenden Gesichter sehe (anscheinend sehe ich nicht | |
wie eine Paketbotin aus), kommt mir das schlechte Gewissen. Jetzt kommen | |
zwar die Päckchen an, aber das weiß der Paketbote nicht. Und dann erzählt | |
er es seinem Chef und fliegt vielleicht raus. Und die Sendung ist offiziell | |
ja gar nicht zugestellt, weil nicht eingescannt. Mist! | |
Als ich zu Hause ankomme, hält ein Paketbote im weißen Transporter und | |
überreicht mir ein Päckchen. „Haben Sie zufälligerweise gerade die verloren | |
gegangen Päckchen gesucht am Straßenrand?“, frage ich ihn. Nö. Kurz hatte | |
ich gehofft, dass sich so vielleicht doch noch alles zum Guten wendet. | |
Bevor er geht, gebe ich ihm noch das Päckchen zurück. Ist für meine | |
Nachbarin, nicht für mich. | |
Elke Eckert | |
9 Aug 2023 | |
## AUTOREN | |
Elke Eckert | |
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