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# taz.de -- Eine Welt ohne Schleier
Bild: Kinder beim Unterricht, 1963
Von Marc Peschke (Text) und Paul Almásy (Fotos)
In der Fototheorie von Roland Barthes gibt es dieses ominöse Ding, das der
Philosoph „punctum“ nennt – die entscheidende Stelle auf einer Fotografie.
Ein kleiner, magischer Fleck gewissermaßen. Die Bilder des französischen
Fotojournalisten Paul Almásy sind voll davon. Voll von diesen zauberhaften
Details, an denen der Blick kleben bleibt.
Die Fotografien, die Almásy [1][in Afghanistan] gemacht hat, haben auch
diese „entscheidenden Stellen“. Etwa jenes aus dem Jahr 1963, das einen
Jungen und ein Mädchen auf einer Schulbank zeigt. Es sind Bilder aus einer
Zeit, in der die beiden noch gemeinsam und Mädchen unverschleiert in die
Schule gehen konnten.
Die „entscheidende Stelle“, das ist der kaum vorhandene Raum zwischen den
beiden Kindern – sie wachsen zusammen beim Lernen. Es war der letzte
afghanische König, Mohammed Zahir Schah, der den Schulunterricht für
Mädchen und auch das Wahlrecht für Frauen einführte. Das Land öffnete sich.
Vergleicht man die Fotografien Almásys, die in den 1960er Jahren in
Afghanistan entstanden sind, mit aktuellen Bildern aus Afghanistan, so
sehen wir hier eine andere Welt: kein islamisches Emirat, keine Scharia,
sondern eine Welt im Aufbruch. Im Aufbruch zu einer neuen Freiheit, zu
einer neuen Emanzipation von [2][Frauen und Mädchen].
Dieses Lebensgefühl vermittelt auch die Aufnahme aus einer Kabuler
Musikschule von 1963, die zwei Frauen beim Geigespielen zeigt. Seit der
erneuten Machtergreifung der Taliban 2021 [3][ist Musik verboten] und gilt
als „unislamisch“. Es ist strafbar, ein Instrument zu besitzen. Instrumente
werden verbrannt, mehr noch: Musiker und Musikerinnen werden gefoltert
und getötet.
Paul Almásys Bilder sind noch bis Mitte Oktober beim Festival La
Gacilly-Baden Photo in Baden bei Wien zu sehen, das dieses Jahr Fotografen
und Fotografinnen aus dem Iran, Afghanistan und Pakistan in den Fokus rückt
– und ihren Glauben an eine bessere Zukunft.
5 Aug 2023
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## AUTOREN
Marc Peschke
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