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# taz.de -- berliner szenen: Zurück in den Bundestag
In diesem Café gibt es hohe Tische mit Barhockern, außerdem gepolsterte
Sofaplätze. Wer erhöht sitzt, guckt hinunter auf die Zeitungen und Laptops
der Sofafraktion. Zum Beispiel auf das Architekturprogramm, das ein Mann
gerade hochkonzentriert bearbeitet. Er variiert auf einer Grundfläche drei
anfangs gleichgeschnittene Räume: Wohnzimmer, Kinderzimmer, Schlafzimmer.
Oder: ein großes und drei kleine handtuchartige Zimmer? Er scheint etwas
Drittes zu favorisieren, eine riesige Wohnküche samt zweier Schlafzimmer.
Faszinierend, das Programm. Sein Sitznachbar hat viel Papier dabei. Zwei
rote ziegelsteinartige Gesetzesbücher. Er stiert regungslos in die Gegend,
richtig deprimiert wirkt er. Und plötzlich, ein Geistesblitz, vielleicht
für eine Verteidigungsstrategie. Er schreibt so schnell in sein Spiralheft,
minutenlang, dass sicher nur er selbst das Gekrickel entziffern kann.
Jetzt wird es politisch. In meinem Rücken unterhalten sich zwei Kumpel, als
wären sie allein hier. „Ich hab mich entschlossen, wieder in den Bundestag
zu gehen.“ Dazu kann man sich einfach entschließen, in welcher Partei mag
das möglich sein so ganz ohne Kampf um den Listenplatz? „Echt jetzt? Bei
der Bezahlung?“ Schnell google ich mal die Abgeordnetendiäten, selber
schuld, wenn die beiden so laut reden. Über 10.000 Euro plus Zulagen – und
da gibt’s was zu meckern? Der Kandidat in spe rechtfertigt sich. „Ich weiß,
aber die Arbeitszeiten sind einfach besser.“ Jetzt wäre erst recht
interessant, zu welcher Partei er gehört. Zwar wurde kürzlich über das
unentschuldigte Schwänzen von Abgeordneten berichtet, aber auch über enorme
Arbeitsbelastung. „Die Arbeitszeiten im Bundestag wiegen das miese
Trinkgeld auf.“ Das bestätigt auch sein Kumpel. Die beiden kennen sich aus
in der Gastronomie.
Claudia Ingenhoven
31 May 2023
## AUTOREN
Claudia Ingenhoven
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