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# taz.de -- Harry geht voran
> Die Eishockey-WM beginnt. Das deutsche Team möchte mindestens ins
> Viertelfinale – mit Coach Kreis
Bild: „Ehre im Winter meiner Karriere“: Harold Kreis
Aus Köln Christiane Mitatselis
Harold Kreis (64) ist seit 26 Jahren Eishockey-Coach, als Vereinstrainer
war er in Deutschland und in der Schweiz aktiv. Seine Karriere wird aus
seiner Sicht nun gekrönt durchs Amt des Eishockey-Bundestrainers, das er im
Frühjahr angetreten hat. Kreis bezeichnete den Job als „eine große Ehre im
Winter meiner Karriere“. Auf die schönen Worte will er Taten folgen lassen.
Am Wochenende wird es ernst, wenn er mit dem Nationalteam im finnischen
Tampere in seine erste WM als Chefcoach startet, sehr ernst sogar, denn der
WM-Spielplan will es, dass die deutsche Auswahl am Freitag (19.20 Uhr,
Sport1 und MagentaSport) in der Gruppe A gegen den zweimaligen
Olympiasieger Schweden spielt, am Samstag (19.20 Uhr) gegen
Titelverteidiger Finnland und am Montag (15.20 Uhr) gegen die USA. Wer das
internationale Eishockey ein wenig kennt, der weiß: Ein Start mit drei
Niederlagen und null Punkten liegt im Bereich des Wahrscheinlichen.
Damit die deutschen Spieler, falls dieses Unheil eintreten sollte, nicht
verzagen, hat Kreis einen Mentaltrainer in sein Team berufen. „Es geht auch
darum, wie wir damit umgehen, wenn wir nach drei Spielen noch keinen Punkt
haben“, sagte er am Donnerstag. Schließlich muss die recht junge deutsche
Mannschaft, zu der die NHL-Profis Moritz Seider, J. J. Peterka und Nico
Sturm gehören, die darauffolgenden WM-Spiele gegen Dänemark, Ungarn,
Frankreich und Österreich gewinnen, um mindestens Vierter in der Gruppe zu
werden und das Viertelfinale zu erreichen.
Kreis, den sie alle Harry nennen, soll die erfolgreiche Linie halten, die
2015 mit Marco Sturm begann, dem Trainer der historischen olympischen
Silbermedaille von 2018. Und die der Finne Toni Söderholm danach
fortsetzte, bevor er das Amt im vergangenen Herbst aufgab. Der Deutsche
Eishockey-Bund (DEB) ist diesmal kein Risiko eingegangen. Sowohl Söderholm
als auch Sturm waren, als sie Bundestrainer wurden, kaum erfahren als
Coaches. Anders als Kreis, der auch schon Assistent in der
Nationalmannschaft war, zum Beispiel 2010, als das DEB-Team mit Trainer Uwe
Krupp bei der Heim-WM bis ins Halbfinale kam. Gemunkelt wurde damals, Kreis
habe als Taktikexperte maßgeblichen Anteil an diesem Erfolg gehabt.
Er selbst sagte so etwas nie, denn er ist ein eher zurückhaltender Mensch.
Einer, der zwar schon lange dabei ist, vor seiner Trainerlaufbahn war er
von 1978 bis 1997 Spieler in Mannheim, über dessen Vita aber nicht so viel
bekannt ist. Dabei ist Kreis’Karriere mit bemerkenswerten Wendungen
ausgestattet. Der Münchner Merkur erinnerte in diesen Tagen daran, wie es
dazu kam, dass der 1959 im kanadischen Winnipeg geborene Mann vor 45 Jahren
nach Deutschland kam. Der Mannheimer ERC, heute Adler Mannheim, suchte
damals in Zeitungsannoncen in Kanada nach deutschstämmigen Spielern, um die
Ausländerbegrenzung in der damaligen Bundesliga zu umgehen. Es meldete sich
unter anderem der 19-jährige Kreis, der in einer Juniorenliga für die
Calgary Wranglers spielte und dort nicht besonders glücklich war. So wagte
er das Abenteuer, nach Deutschland zu gehen. Trotz der Warnungen seiner
deutschen Tante, die ihr Heimatland nach dem Zweiten Weltkrieg verlassen
hatte und sich an eine schlechte Versorgungslage erinnerte. Deshalb gab sie
ihm 24 Rollen Klopapier mit auf die Reise.
Kreis, der Deutsch nur noch mit leichtem Akzent spricht, wurde zu einem der
besten deutschen Verteidiger, sein Trikot mit der Rückennummer 3 hängt in
Mannheim unterm Hallendach.
12 May 2023
## AUTOREN
Christiane Mitatselis
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