# taz.de -- das wird: „Emotional und rational viel Diskussionsstoff“ | |
> Mit dem Stück „Sterben helfen“ stellt Malte C. Lachmann am Theater Lübe… | |
> die Frage nach einem gelungenen Abgang | |
Interview Friederike Grabitz | |
taz: Ein Stück über eine Science-Fiction-Welt, in der alle Menschen sich | |
selbst töten, wenn sie krank oder alt werden: Was kann das Theater zur | |
Debatte um Sterbehilfe beitragen, Herr Lachmann? | |
Malte C. Lachmann: Die Debatte um Sterbehilfe wird immer eine Debatte | |
bleiben, und sie wird immer hitzig sein, weil es ein emotionales Thema ist. | |
Das hat auch die letzte Bundestagsdebatte zum Thema gezeigt. Was Theater | |
hier leisten kann, ist, einen Raum zu schaffen für Diskussion und | |
Austausch. Zu einigen der Vorführungen wird es Begleitgespräche geben, | |
beispielsweise mit einem Rechtswissenschaftler und Mitarbeitern des | |
Palliativnetzes „Travebogen“. | |
Warum haben Sie den Stoff nun nach Lübeck geholt? | |
Ich kenne den Autor flüchtig und hatte das Stück schon kurz nach der | |
Uraufführung 2016 auf dem Schreibtisch. Letztes Jahr habe ich mich wieder | |
mit dem Thema Sterbehilfe befasst, als ich bei den Palliativwochen | |
Schirmherr war. So kam die Entscheidung, das Stück zu inszenieren. Es | |
bietet emotional und gleichzeitig auf der rationalen Ebene viel | |
Diskussionsstoff. | |
Unsere Gesellschaft hat ein verklemmtes Verhältnis zu Sterben und Tod. Am | |
Ende eine große Party und ein geordneter Abschied – das ist doch eine klare | |
Sache, oder? | |
Das Stück beginnt tatsächlich mit einer Party, einem Abschied und einem | |
geordneten Suizid. Damit stellt es die Frage: Wollen wir das? Die Figuren | |
stehen für unterschiedliche Perspektiven auf das Thema. Ob und wie wir die | |
Frage am Ende beantworten, ist jedem selbst überlassen. | |
Was spricht denn dafür, auf die konventionelle Art zu sterben – also etwa | |
nach einem langen, qualvollen Krankheitsprozess in der Klinik? | |
Leichtfertig auf Sterbehilfe zurückzugreifen, diese Option haben wir ja | |
heute gar nicht. Aber wir haben immer die Hoffnung, dass es noch schöne | |
Augenblicke gibt, für die sich das Leben lohnt. Es geht nicht darum, das | |
Leben auf Teufel komm raus zu verlängern – das ist auch nicht der Grund, | |
warum Menschen kämpfen. Diese Erfahrung macht auch Lucy in dem Stück. Am | |
Ende sagt ihr Sohn, dass die Erinnerung an seine Mutter viel blasser wäre, | |
wenn sie Sterbehilfe in Anspruch genommen hätte. Für die schönen Momente, | |
die sie so noch gemeinsam hatten, hat sich ihr Kampf gelohnt. | |
Wie hat das Ensemble sich auf die Inszenierung inhaltlich vorbereitet? | |
Wir haben uns mit den äußeren Parametern, mit rechtlichen Vorgaben | |
beschäftigt, haben gemeinsam dazu Dokumentationen angeschaut. Wir hatten | |
auch zwei ExpertInnen vor Ort zu Gast, die hier in der Sterbebegleitung | |
arbeiten. | |
„Sterben helfen“ wird im „Center of Brain, Behaviour and Metabolism“ der | |
Uni Lübeck aufgeführt, das Gehirn, Verhalten und Stoffwechselprozesse | |
erforscht. Warum haben Sie diesen Ort für die Inszenierung ausgewählt? | |
Einige Lübecker haben sich gefragt: Was machen die dort, und wie sieht es | |
da drinnen aus? Es gibt nicht viele Gelegenheiten, den Ort von innen zu | |
sehen. Wir haben inhaltliche Verbindungen zu unserem Thema, aber auch | |
praktische, weil die Direktorin des Forschungszentrums in Kontakt mit dem | |
Theater ist. An anderen Orten zu spielen, ist herausfordernd. Wir mussten | |
die komplette Beleuchtung dorthin bringen. Andererseits gibt es schon eine | |
Bestuhlung für hundert Plätze und eine riesige Videoleinwand, wie wir sie | |
im Theater auch gerne hätten. Die haben wir genutzt. | |
30 Mar 2023 | |
## AUTOREN | |
Friederike Grabitz | |
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