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# taz.de -- Gastgeber disqualifiziert sich vor Turnierbeginn
> Die Fifa entzieht Indonesien die U20-WM wegen israelfeindlicher
> Statements und Proteste
Von Felix Lill
Bis vor wenigen Tagen war man in Indonesien noch voller Stolz und
Vorfreude. Nur eineinhalb Monate blieben, bis das südostasiatische Land zum
ersten Mal eine Fußballweltmeisterschaft austragen würde. Die Nation mit
274 Millionen Einwohnern ist zwar kaum für ihre Leidenschaft für diesen
Sport bekannt. Fußball ist weniger beliebt als etwa Badminton. Aber die
U20-WM im eigenen Land sollte den Weg in eine blühende Zukunft ebnen. Seit
Wochen haben nationale Medien immer wieder über das nahende Turnier
berichtet.
Am Mittwoch aber beschloss der Fußballweltverband, dem Land das
Austragungsrecht zu entziehen. „Ein neuer Gastgeber wird so bald wie
möglich bekanntgegeben, wobei die Turnierdaten vorerst unverändert
bleiben“, hieß es in einer Fifa-Pressemitteilung. Auch über „mögliche
Sanktionen“ gegenüber dem nationalen Verband PSSI denkt die Fifa laut nach.
Was war passiert? Der Gouverneur der Region Bali hatte wissen lassen, er
würde die für die WM qualifizierte israelische Nationalmannschaft nicht auf
seiner Insel beherbergen. Daraufhin wurde die anstehende Auslosung für das
Turnier kurzerhand verschoben. Weil das mit dem Eklat aufgeworfene Problem
offenbar nicht gelöst werden konnte, kam die Fifa zu der Erkenntnis, dass
Indonesien kein würdiger Gastgeber für eine Fußball-WM ist.
Im südostasiatischen Archipel herrscht seitdem große Aufregung. Mitglieder
der indonesischen U20-Auswahl haben ihr Bedauern ausgedrückt. Das Thema ist
in den nationalen Medien überall präsent. Denn in der Sache geht es um viel
mehr als um ein Nachwuchsturnier. Die Angelegenheit ist hochpolitisch. Das
überwiegend muslimische Indonesien erkennt Israel nicht als Staat an, hält
stattdessen zu Palästina. So hat nicht nur der Gouverneur von Bali ein
Problem mit der Einreise israelischer Vertreter ins Land. In der Hauptstadt
Jakarta gab es Demonstrationen gegen Israel.
So muss sich nicht nur Bali, sondern ganz Indonesien fragen, wie es um
Offenheit und Gastfreundlichkeit im Land wirklich bestellt ist. Bali,
dessen Gouverneur Israels Teilnahme abgelehnt hat, ist eigentlich als
Ferienparadies bekannt, veranstaltete erst im vergangenen November den
G20-Gipfel. Und der im Land populäre Präsident Joko Widodo betonte noch im
vergangenen Sommer in einem Interview mit dem Finanzsender Bloomberg:
„Indonesien will mit allen befreundet sein, mit jedem Land. Wir haben mit
keinem Land ein Problem.“
Am Dienstag, inmitten der heiklen WM-Situation, stellte der Präsident klar:
„Ich garantiere hiermit, dass Israels Teilnahme nichts mit der
Beständigkeit unserer Außenpolitik gegenüber Palästina zu tun hat, weil
unsere Unterstützung Palästinas stets stark und stabil ist.“ Sport und
Politik, empfahl er wie schon so viele vor ihm, sollten nicht vermischt
werden.
Indonesien ist bei Weitem nicht der einzige Staat, der ein grundsätzliches
Problem mit der Existenz Israels hat. Bei Olympischen Spielen fallen etwa
iranische Athletinnen und Athleten immer wieder dadurch auf, dass sie
lieber aus dem Turnier ausscheiden, als sich auf ein Aufeinandertreffen mit
einem israelischen Sportler einzulassen. Allerdings vermischen sich
internationale Politik und Sport längst nicht nur im Zusammenhang mit
Israel.
Zwischen Festlandchina und Taiwan kam es erst vor Kurzem im Breakdance zu
einem Rückzug Chinas. Inmitten des Angriffs Russlands auf die Ukraine
bestehen seit Monaten Diskussionen über Ausschlüsse. Dabei haben die
internationalen Verbände an solchen Debatten wenig Interesse: Schließlich
ermöglicht in einer politisch gespaltenen Welt erst das Mantra, der Sport
sei per se unpolitisch und bringe gerade deshalb die Welt zusammen,
wirklich globale Absatzmärkte. Dennoch hat die Fifa Russland bis auf
Weiteres von Turnieren ausgeschlossen. Und auch der aktuelle Beschluss,
dass Indonesien durch seine Ablehnung Israels kein würdiger WM-Gastgeber
sei, kann als Warnung für künftige Bewerber verstanden werden.
31 Mar 2023
## AUTOREN
Felix Lill
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